Die überraschend wieder gestiegene Teuerung hierzulande bereitet den Wirtschaftsforschern Kopfzerbrechen. Insbesondere, dass man gegenüber Deutschland und der Eurozone zurückfalle, sei bedenklich, wie WIFO-Chef Gabriel Felbermayr nun erklärte. Dabei gebe es diverse Hebel, die man einsetzen könnte, um die Inflation wieder in den Griff zu bekommen - Felbermayr schlägt dabei auch Maßnahmen vor, die das WIFO zuletzt noch abgelehnt hat.
Eigentlich müssten die gesunkenen Treibstoffpreise dazu beitragen, dass der größte Inflationsschub bereits hinter uns liegt, „das ist aber nicht der Fall“, erklärte Felbermayr am Dienstagabend in der ORF „ZiB2“. „Wir müssen jedenfalls davon ausgehen, dass die Prognose im März, dass wir über das Jahr gerechnet so sieben Prozent Inflation kriegen heuer, dass wir die revidieren müssen. Die Reise geht leider weiter nach oben.“
Die aktuelle Preissteigerung gilt auch deswegen als so bedenklich, da schon im Vergleichsmonat im Vorjahr die Inflation stark zugenommen hatte.
Österreichs Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr
„Wir müssen jetzt sicherlich an vielen Hebeln ziehen, damit wir diesen relativ großen und leider auch wachsenden Inflationsunterschied zur Eurozone schließen“, so Felbermayr. Denn jedes Jahr, in dem die Preise stärker stiegen als in Deutschland oder im Schnitt der Eurozone, verliere Österreich an Wettbewerbsfähigkeit.
Denn dafür seien die internationalen Preisniveaus entscheidend. „Dass der Abstand so groß ist zur Eurozone, muss uns schon zu denken geben“. Österreich müsse „die Inflationsdynamik brechen“. Die Hoffnung, dass die Europäische Zentralbank die Preisdynamik alleine die Situation in Österreich verbessern würde, teilt der Wirtschaftsforscher dabei nicht.
Luft bei hohen Zinsen wird immer dünner
Diese orientiere sich etwa mit der Setzung des Leitzinses am Durchschnittswert der Euroländer- der liegt momentan rund 2,5 Prozent unter dem österreichischen Niveau. „Selbst wenn die EZB mit den Zinssteigerungen weiter macht - so wie es aussieht -, wird das nicht genug sein, um diesen Preisabstand zwischen dem Eurozonen-Durchschnitt und Österreich verschwinden zu lassen.“
Zu den bevorstehenden, wohl wieder kräftigen Zinserhöhungen der EZB sieht Felbermayr „im Moment keine Alternative“ - die Luft bei den Zinsen werde aber zunehmen dünner, „da die Nebenwirkungen einer solchen Geldpolitik spürbarer werden“, so der Wirtschaftsforscher. Es müsse freilich das Wirtschaftsgeschehen etwas gedämpft werden, um die Preise wieder in den Griff zu bekommen, es bestehe dabei aber auch die Gefahr, dass die Wirtschaft abgewürgt wird.
Chance bei Mietpreisbremse verpasst
Felbermayr plädiert dafür, „ergebnisoffen nachzudenken“, auch über Eingriffe, die das WIFO vor kurzem noch abgelehnt hat, wie Mehrwertsteuersenkungen. Eine Mietpreisbremse, wie von der Regierung diskutiert, aber letztlich wegen koalitionärer Uneinigkeit doch nicht beschlossen hat, „wäre eine Chance gewesen“ und sei immer noch möglich.
Der WIFO-Chef weist auch darauf hin, dass in Österreich 10 Prozent der Preise „administriert“, also von der öffentlichen Hand festgesetzt sind, wie etwa Müllgebühren. „Muss das wirklich mit der Inflationsrate steigen?“, regte Felbermayr „Lösungen“ an, „die für kleinere Preiszuwächse sorgen“.
Große Preistransparenz als Lösung?
Bei einer Senkung der Mehrwertsteuer, etwa auf Grundnahrungsmittel, müsse man gleich sicherstellen, dass es eine Rückkehr auf das aktuelle Niveau gibt. Außerdem sei so eine Maßnahme sehr teuer. Felbermayr regt an, man sollte vorher überlegen, ob man mit großer Preistransparenz zumindest für die wichtigsten 20 bis 30 Lebensmittel eine Wirkung erzielen könnte, ohne dass damit Kosten verbunden wären.
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