Wirkstoff entwickelt

Forscher bringen Tbc-Erreger zur Selbstzerstörung

Wissenschaft
03.05.2023 13:46

Tuberkulose-Bakterien sind weltweit die tödlichsten Krankheitserreger. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) beenden sie jährlich mehr als 1,5 Millionen Menschenleben und werden zunehmend unempfindlich gegen Antibiotika. Wiener Forscher entwickelten eine neue Wirksubstanz gegen die Bazillen (Tbc), der sie quasi zur Selbstzerstörung bringt.

Es handelt sich dabei um „zweiköpfiges Cyclomarin A“, das im Inneren des Bazillus lebenswichtige Eiweißstoffe schreddern lässt, während fehlgebildete Produkte überhandnehmen. Ein Team um Tim Clausen vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien untersuchte zunächst, wie herkömmliches Cyclomarin A - ein Wirkstoff aus Meeresmikroben - in Tuberkulose-Bakterien wirkt. Sein Angriffspunkt ist ein Schredder aus sechs „ClpC1“-Bauteilen in den Bakterien. Sie bilden einen Kanal, an dessen Ende Eiweißstoffe zerhäckselt werden.

Normalerweise kommen dort nur Eiweißstoffe hinein, die falsch geformt sind oder deren Aktivität nicht mehr gebraucht sind, und die dadurch schädlich für die Zellen werden. Cyclomarin A sieht kaputten Eiweißstoffen ähnlich, und wird deshalb von ClpC1 gebunden, erklärte Clausen der APA. Es aktiviert den Schredder, wird aber selber nicht in den Kanal gezogen. Dort landen hingegen intakte, für die Bakterien lebenswichtige Eiweißstoffe.

Ein Tuberkulose-Erreger unter dem Elektronenmikroskop (Bild: APA/RKI/Gudrun Holland)
Ein Tuberkulose-Erreger unter dem Elektronenmikroskop

Bakterien haben Abwehrmechanismus
Die Tuberkulose-Bazillen haben von Natur aus einen Abwehrmechanismus, der ClpC1 vor Überlastung schützt, wenn in Extremsituationen viele falsch gefaltete Eiweißstoffe in der Zelle sind. Nämlich in Form des Eiweißstoffes ClpC2, der sie teils vom Schredder fernhält. Er kann auch Cyclomarin A binden und damit ClpC1 vor ihm bewahren, berichten die Wiener Forscher im Fachjournal „Cell“.

Clausen stellte mit IMP-Kollegen nun ein „zweiköpfiges“ Cyclomarin A her. Es bindet an der einen Seite den sechsteiligen ClpC1-Schredderkanal, an der anderen Seite einen losen ClpC1-Bauteil, berichtete der Wissenschaftler. Dadurch bringt es den Schredder dazu, seine eigenen Bauteile zu zerhäckseln.

Wichtige Eiweißstoffe werden geschreddert
Irgendwann können dann nicht mehr ausreichend viele Schredder zusammengesetzt werden, die sich um fehlgefaltete zelluläre Eiweißstoffe kümmern, sagte der Forscher: „Das ist für die Zellen fatal.“ ClpC1 und seine Schredder-Aktivitäten sind für die Tuberkulose-Bakterien nämlich überlebensnotwendig.

Das zweiköpfige Cyclomarin A hält auch ClpC2 fest und leitet damit seinen Abbau ein. Dann kann ClpC1 weder vor Überlastung durch missgefaltete Eiweißstoffe, noch vor der Wirksubstanz geschützt werden. „Die zweiköpfigen Cyclomarin A-Moleküle haben eine extrem hohe Effizienz, weil sie nicht nur ClpC1 kaputt machen, sondern auch diesen Sicherheitsmechanismus“, erklärte Clausen.

Porträt von krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spielechevron_right
Vorteilsweltchevron_right