Das Lentos Kunstmuseum in Linz feiert im Mai seinen 20. Geburtstag. Die aktuelle Ausstellung stellt erstmals in Österreich Cornelia Gurlitt, eine vergessene Expressionistin, ins Rampenlicht. Ihr Werk tritt in Dialog mit der Malerei von Anton Kolig, bedeutendster Expressionist nach Kokoschka. Sehenswert!
Ohne den Namen „Gurlitt“ wäre das Linzer Kunstmuseum nicht zu denken, denn der Kern der städtischen Sammlung geht auf den Kunsthändler Wolfgang Gurlitt zurück. Doch der Name wurde auch immer wieder in Zusammenhang mit NS-Raubkunst gebracht, was im Lentos Provenienzforschung zum Gebot der Stunde machte, wir haben darüber berichtet.
Zwei Seelenverwandte
Nun stellt eine neue Ausstellung mit dem Titel „Reise der Herzen“ erstmals in Österreich Cornelia Gurlitt (1890-1919) ins Rampenlicht, die Cousine von Wolfgang. Nach einem kurzen Leben hinterließ die vergessene Künstlerin Grafiken und Zeichnungen. Mit dem Kärntner Anton Kolig, bedeutendster Spätexpressionist nach Kokoschka, war sie ab 1913 eng befreundet. Das Lentos spannt die beiden „Seelenverwandten“ in einer gelungenen Dialogschau zusammen.
Eine Neuentdeckung für Österreich
Cornelia Gurlitt war 2017 bereits bei der documenta in Kassel aus dem Schatten geholt worden, doch die Präsentation im Lentos gilt als Neuentdeckung einer begabten Zeichnerin, die sich Themen zwischen Mann und Frau, dem Schrecken des Krieges oder religiösen Motiven widmete.
Während des Ersten Weltkrieges war sie an der Ostfront als Krankenschwester im Einsatz und schuf dort eindringliche, kleine Grafiken. Mit messerscharfen Konturen umkreiste sie die menschliche Existenz, füllte sie manchmal mit Farben oder beließ es beim expressionistischen Spiel der Tuschelinien. Anrührend ist ein kleines Bild, das sie dem Literaten Paul Fechter widmete. Stand dahinter eine unglückliche Liebe? Ihr Leben endete tragisch, da sie sich mit nur 29 Jahren das Leben nahm.
Nackte Männer und Soldaten
Anton Kolig (1886-1950) ist eine Klasse für sich: Wie kein anderer prägte er den (akademischen) Akt, den er auch seiner Malerei zugrunde legte. Er hatte einen Hang zu Homosexualität, den er aber nie auslebte, er zeichnete aber vorrangig Männer. Weil er auch als Kriegsmaler diente, sind versierte Porträts von Offizieren oder Soldaten zu sehen, die aber nie heroisieren. Und er malte erschöpfte Soldaten - die Auseinandersetzung mit den Kriegsgräueln war ein verbindendes Element zwischen Cornelia Gurlitt und Kolig.
Das Geheimnis bleibt
Wie nahe sie sich tatsächlich standen, aber ist bis heute ein Rätsel, das auch in der Ausstellung, die bis 13. August im Lentos zu sehen ist, die in Kooperation mit dem Kunsthaus Bern und dem Vilna Gaon Jewish State Museum in Vilnius entwickelt wurde, nicht aufgelöst wird. Aber man weiß: Im Gedenken an die Künstlerin Gurlitt schuf Kolig ein Jahr nach ihrem frühen Tod das Bild „Frau mit Fächer“ und widmete ihr das Gemälde „Klage“.
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