Genua ist ein touristischer Geheimtipp. Von Österreich aus bequem mit dem Nachtzug erreichbar, eignet sie sich ideal für einen kulinarisch-kulturellen Abstecher. Wen das Ungewöhnliche anzieht, dem bietet die italienische Hafenstadt sehr viel mehr als die Eintönigkeit bekannter europäischer Metropolen. Freuen Sie sich auf eine Fülle von überraschenden Ein- und Ausblicken, verfeinert mit Aperitivo und eine Prise Meeresbrise.
Der italienische Dichter Giorgio Caproni war sich bereits 1948 sicher, dass der Aufzug von Castelletto ihn direkt in den Himmel hinaufführen würde. Er meinte damit eine Terrasse, von der Genua einem zu Füßen liegt. An einem klaren Tag kann man von dort aus Korsika, das Kap von Portofino im Osten und den malerischen Golf Genuas sehen.
“Quando mi sarò deciso d’andarci in paradiso ci andrò con l’ascensore di Castelletto…” - „Wenn ich mich dazu entschliesse, ins Paradies zu fahren, werde ich den Aufzug von Castelletto nehmen...“
Giorgio Caproni, italienischer Dichter (1912-1990), in: „L’ascensore“ (der Aufzug)
Stadtvierteln auf unterschiedlichen Niveaus gelegen
Jedenfalls widmete der Literat dem „Spianate Castelletto“ ein eigenes Gedicht. Der historische Aufzug befördert seit 1909 Passagiere auf 57 Meter Höhe über die Dächer der Hauptstadt Liguriens. Der älteste Lift in Genua ist jedoch nicht der einzige seiner Art. Zahlreiche dieser öffentlichen Verkehrsmittel - Funicolari (Standseilbahn) und Ascensori (Aufzüge) - helfen Einwohnern und Besuchern in kurzer Zeit die charakteristischen Höhenunterschiede der imposanten Hafenmetropole zu überwinden. Die Nutzung der Beförderungsmittel ist kostenlos.
Prunk und Pracht vergangener Epochen
Genua ist ganz dem Meer zugewandt und von steilen Bergen und Hängen umgeben. Mitte des 16. Jahrhunderts hatte Fürst Andrea Doria Italiens beste Baumeister beauftragt, die Stadt am Hang neu zu vermessen. Damals gehörte sie zu den reichsten Metropolen der Welt. Der Seehandel brachte Geld, vermögende Adelsfamilien bauten ihre prachtvollen Palazzi in die engen Gassen und ließen ihre Paläste von Künstlern wie Rubens, Caravaggio oder van Dyck ausstatten. Ihre Werke sind heute in 120 Renaissancegebäuden zu sehen - 42 sind als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt.
Palazzi, Pesto und Piazze im Gewirr der Caruggi
Der Stadtkern ist flächenmäßig die größte mittelalterliche Altstadt Europas. Im Labyrinth der Caruggi, so nennt man die schmalen Altstadtgassen, öffnen sich versteckte Piazze mit Jugendstilcafés, ortstypischen „Sciammade“ (traditionelle Delikatessengeschäfte) sowie kleine Kirchen. Es riecht nach Basilikumpesto, das hier erfunden wurde, nach ofenfrischer Focaccia und köstlichem Stockfisch.
„Die schönste Straße der Welt“
Der berühmten Barockmaler Peter Paul Rubens, der sieben Jahre lang in Genua lebte, bezeichnete die Via Garibaldi mit all ihren Prunkbauten „als die schönste Straße der Welt“. Und obwohl sie lediglich rund 250 Meter lang und nicht besonders breit ist, stehen dort insgesamt 14 prachtvolle Palazzi nebeneinander. Darunter: Palazzo Tobia Pallavicini, Palazzo Lomellini, Palazzo Tursi (heutiges Rathaus), Palazzo Bianco und Palazzo Rosso. Auch in der Verlängerung der Via Garibaldi - der Via Cairoli - gibt es zahlreiche Paläste des Stadtadels zu bestaunen.
Malerisches Boccadasse: auch ein Stadtviertel von Genua
Zwischen der Strandpromenade Corso Italia und dem Aussichtspunkt Capo Santa Chiara liegt das von Wellen umspülte Fischerdorf Boccadasse. Mit dem kleinen Strand, den Felsen und den Steintreppen ist es eines der beliebtesten Stadtviertel der Genueser. Wer nicht zu Fuß gehen mag: Die Bahn fährt im Halbstundentakt aus dem Zentrum, und ist nach nur vier Minuten am Ziel. Und glauben Sie mir, der Besuch lohnt sich! Denn hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Der Name Boccadasse leitet sich laut Überlieferung von dem Ausdruck Boca d‘âze (Eselsmaul) ab und bezieht sich auf die Form der Bucht. Wer Genua besucht, sollte sich jedenfalls die Zeit für diese malerische Auszeit fernab des pulsierenden Stadtkerns gönnen - um zu baden, den atemberaubenden Sonnenuntergang oder das Aperitivo in einem der kleinen Ristoranti direkt am Meer zu genießen.
Mit dem Nachtzug ans Meer
Steigt man am Wiener Hauptbahnhof um 19.18 Uhr in den Zug, kommt man ausgeschlafen um 9.38 Uhr in der Früh am Bahnhof Genova Piazza Principe an. Die ÖBB bieten in Kooperation mit „Trenitalia“ seit Ende 2022 die Nachtzugverbindung von Wien über Bruck/Mur, Leoben, Klagenfurt und Villach nach Italien an. Die Fahrt in den Nachtreisezügen ist besonders attraktiv für Kurzurlauber und Städtereisende, denen kein Tag lang genug sein kann...
Genua ist nicht glatt poliert wie etwa Florenz oder hat den morbid-schönen Charme von Venedig. „La Superba“, die Stolze, wie die Stadt von ihren Bewohnern genannt wird, ist aufregend, unaufgeregt und absolut entdeckenswert.
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