Nur kurz nach Rauswurf
„Schlächter von Mariupol“ dockt bei Wagner an
Erst vor Kurzem sah es so aus, als würde der als „Schlächter von Mariupol“ bekannte Generaloberst Michail Misinzew keine große Rolle mehr im Angriffskrieg auf die Ukraine spielen - wurde er doch entlassen. Nun dockt er aber bei der äußerst umstrittenen Söldnertruppe Gruppe Wagner an.
Die internen Machtkämpfe rund um den Kreml gehen weiter - nur wenige Monate nach seiner Ernennung zum Vize-Verteidigungsminister taucht Misinzew wieder im Kontext des Ukraine-Krieges auf. Wie russische Medien berichten, wurde er nun zum stellvertretenden Kommandeur der Gruppe Wagner ernannt.
Videos sollen Posten-Coup belegen
Beweisen sollen das gleich zwei Videos, die in den sozialen Medien veröffentlicht wurden - darin ist Misinzew mit dem Chevron „Cargo 200“ zu sehen - dieses wird typischerweise von Wagner getragen. Misinzew besichtigt dabei russische Stellungen in Bachmut sowie ein Trainingslager. Auch russische Militärblogger berichteten übereinstimmend über seinen Einstieg in Jewgeni Prigoschins Brutalo-Gruppe.
Der Wechsel zu Wagner ist dabei keine sonderliche Überraschung. Prigoschin selbst hatte erst Ende April erklärt, den Generaloberst in seine Truppe holen zu wollen. Zuletzt war er auch eine der wesentlichsten Stimmen in Russland, die sich für weitere Munition für die Kampfgruppe Wagner ausgesprochen hatten.
In Zusammenhang mit Kriegsverbrechen
Misinzew ist der Weltöffentlichkeit vor allem wegen der Belagerung von Mariupol bekannt geworden. Berichten zufolge soll er dabei ganz wesentlich die Leitung der Belagerung übernommen haben. In dem Zusammenhang wird er mehrfach mit mutmaßlichen Kriegsverbrechen in Verbindung gebracht. So erklärte etwa die ukrainische Menschenrechtsanwältin Oleksandra Matwiitschuk, dass Misinzew vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden sollte. Auch die Europäische Union verhängte bereits Sanktionen gegen den „Schlächter von Mariupol“.
Misinzew hat diese Anschuldigungen zurückgewiesen und den ukrainischen Streitkräften vorgeworfen, eine „schreckliche humanitäre Katastrophe“ herbeigeführt zu haben. Diverse seiner Behauptungen zu den tatsächlichen Hergängen rund um die Belagerung von Mariupol wurden mittlerweile von unabhängigen Quellen widerlegt.
Schachzug Prigoschins?
Experten sehen hinter der Verpflichtung einen Schachzug Prigoschins - zwischen ihm und der russischen Armee treten nämlich bereits Monaten offen Konflikte zutage. Der Wagner-Chef wettert vor allem wegen ausbleibender Munition und wirft der militärischen Führung Russlands Inkompetenz vor.
Wie der Analyst Alexander Dubowy erklärte, dürfte Prigoschin derzeit an einer Art „Dolchstoßlegende“ arbeiten - mit seinen emotionalen Botschaften möchte er demnach die Schuld für eine mögliche Niederlage dem russischen Militär in die Schuhe schieben können. Der Disput geht bereits so weit, dass Prigoschin den Abzug seiner Soldaten aus Bachmut am 10. Mai ankündigte.
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