Nerven liegen blank
Erdogan beschimpft Oppositionsführer als „Säufer“
Die Chance, Präsident Recep Tayyip Erdogan bei der Wahl am kommenden Sonntag zu schlagen, ist laut Politologen so groß wie noch nie. Schließlich haben sich die unterschiedlichen Oppositionsparteien zu einem Bündnis gegen den Staatschef zusammengeschlossen. So ist nun ihr gemeinsamer Spitzenkandidat Kemal Kilicdaroglu ins Visier Erdogans gerückt. Vor Hunderttausenden Anhängern versprach der amtierende Staatschef am Sonntag, das Land werde nicht einem „Säufer und Betrunkenen“ überlassen.
Erdogan, der zwischenzeitlich krankheitsbedingt eine Wahlkampfpause einlegen musste, geht den Oppositionsblock und Teile der Gesellschaft immer wieder mit scharfer Rhetorik an. Er äußerte sich etwa wiederholt LGBT-feindlich und machte Teilen der Opposition den Vorwurf, sich für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen und Transmenschen auszusprechen. Kilicdaroglu warf der Präsident auch vor, mit „Terroristen“ zusammenzuarbeiten.
Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet
Die Opposition beklagte unterdessen, dass die Behörden versuchten, einen für Sonntagabend geplanten Wahlkampfauftritt des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu im osttürkischen Erzurum zu verhindern. Imamoglu von der größten Oppositionspartei CHP soll im Falle eines Wahlsieges Vizepräsident werden.
Lesen Sie auch:
Umfragen sehen bei der Parlaments- und Präsidentenwahl am 14. Mai ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Erdogan und dem Oppositionsführer. Kilicdaroglu tritt als gemeinsamer Kandidat für eine Allianz aus sechs Oppositionsparteien unterschiedlicher Lager an. Gewinnt keiner der Kandidaten in der ersten Runde die absolute Mehrheit, kommt es am 28. Mai zu einer Stichwahl.
Was Kilicdaroglu dem Volk verspricht
Seit der Einführung eines Präsidialsystems 2018 hat Erdogan so viel Macht wie noch nie. Kritiker fürchten auch deswegen, dass das Land mit rund 85 Millionen Einwohnern vollends in die Autokratie abgleiten könnte, sollte der 69-Jährige erneut gewinnen. Der Wahlkampf steht im Zeichen einer Wirtschaftskrise und der schweren Erdbeben im Februar mit Zehntausenden Toten in der Südosttürkei. Kilicdaroglu verspricht, das Land wieder in eine parlamentarische Demokratie zu überführen. Am Samstag sagte er: Ein demokratischer Regierungswechsel wäre auch ein „Geschenk an die Weltpolitik“ in der Türkei. In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur betonte er zudem, dass er die Beziehungen zu Deutschland verbessern werde.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.