Erstmals im deutschsprachigen Raum wurde in Oberösterreich eine Studie zu Koranschulen durchgeführt. Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer will Lehrmaterialien regelmäßig überprüfen lassen, weil die bisherigen Bücher ziemlich verzopft sind.
Das Mädchen ohne Kopftuch hat dauernd Pech. Der Bub, der nicht pünktlich betet und nicht brav ist, hat blonde Haare“ – ein Blick in die Lehrmaterialien für den Unterricht in Moscheen zeigt eine Welt voller Klischees. Das ist eines der Ergebnisse einer großen Studie der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz (PHDL), der JKU sowie des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF). Entscheidend fürs Funktionieren war dabei die Zusammenarbeit mit der Islamischen Religionsgemeinde OÖ als Türenöffner, so Autor Thomas Schlager-Weidinger. Die Studie war 2019 von Rudi Anschober in Auftrag gegeben, das Projekt wurde damals mit 80.000 Euro budgetiert.
65 islamische Moscheegemeinden in OÖ
In unserem Bundesland gibt es insgesamt 65 islamische Moscheegemeinden, davon erteilen 18 Moscheeunterricht. Beforscht wurden 15, an denen für insgesamt 1405 Kinder und Jugendliche ein spezieller Unterricht organisiert wurde. Die Kinder lernen dort, den Koran in arabischer Sprache zu rezitieren. Laut der Studie ist der Unterricht ethnisch einseitig und ein Einblick von außen auf den Aufbau des Moscheeunterrichts schwierig.
Religionsfreiheit und der Respekt vor anderen Religionen sind ein hohes Gut. Problematisch wird es, wenn Gegenentwürfe zur österreichischen Lebensrealität gezeichnet werden. Deshalb brauchen wir auch beim Moscheeunterricht einen Einblick und müssen wissen, welche Inhalte vermittelt werden.
Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (VP):
Bild: Land OÖ/Lisa Schaffner
Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer: „Nun liegt erstmals umfassendes Datenmaterial vor und zeigt Handlungsbedarf: Bei der Genehmigung von Unterrichtsmaterialien, der Ausbildung und Qualifikation von Lehrenden und inwiefern Religion im digitalen Raum stattfindet.“ Bei der Umsetzung möchte er eng mit der Islamischen Religionsgemeinde OÖ zusammenarbeiten.
„Basis muss das Angebot auch annehmen“
Binur Mustafi, Bildungsamtsleiter der IGGÖ und Vorsitzender der IRG OÖ hob im Rahmen der Podiumsdiskussion nach der Präsentation die in den Befragungen zum Ausdruck gebrachte Zufriedenheit von Schülern und Eltern mit dem von der IGGÖ angebotenen islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen hervor. Erste Maßnahmen zur Reform des Moscheeunterrichts wurden bereits ergriffen: „Ich möchte aber betonen, dass es für umfassende Reformen eine Stärkung der Glaubensgemeinschaft und Unterstützung dieser durch die Politik bedarf, aber auch die Zusammenarbeit mit der muslimischen Basis. Schließlich muss das Angebot von dieser auch angenommen werden“, so Mustafi.
Lesen Sie dazu den Kommentar von Christoph Gantner
Muslime haben es auch nicht leicht
Eine Großtante von mir war Nonne. Wenn sie bei meiner Oma auftauchte, hatte sie uralte Zuckerl dabei - und katholische Erziehungsfibeln. Brav sein, beten - und, bei Bedarf, büßen: So schaute noch in den Achtziger Jahre die kirchliche Propaganda für kleine Kinderseelen aus.
Bei der Präsentation der Studie zum Moscheeunterricht hatte ich ein seltsames Déjà-vu: Auch in den muslimischen Lehrmaterialien wird gnadenlos mit Klischees herummanipuliert, sogar kleine Mädchen tragen dort schon Kopftuch.
Für Moslems muss der Spagat zwischen diesem Anspruch und der Wirklichkeit mühsam sein.
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