Demo in Jois

„Wenn der See stirbt, stirbt die ganze Region“

Burgenland
09.05.2023 16:00

Jois lud zur Demonstration für den Neusiedler See. Rund 40 Traktore sperrten die Gemeinde für drei Stunden ab. Der Verkehr wurde weiträumig umgeleitet. Die Bitte der Demonstranten: Etwas unternehmen und nicht zusehen, wie der See stirbt! Denn dann hat die ganze Region ein Problem. 

Um wach zu rütteln und aufmerksam zu machen, hat der Joiser Gemeinderat gestern die Demo organisiert. Drei Stunden lang war der Ort abgeriegelt, der Verkehr musste weiträumig umgeleitet werden.

Bürgermeister Hannes Steurer hielt in seiner kurzen Rede fest, dass es um den Lebensraum und die Lebensqualität für die Menschen in der Region gehe. „Dass vom See nur Lacken übrig bleiben oder er ganz verschwindet, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Das ist ein Horrorszenario, das wir unbedingt abwenden müssen. Wir wollen keine Ratschläge geben, sondern mit unserer Aktion aufrütteln. Der Prozess muss beschleunigt werden, bevor der Wasserstand zu niedrig wird“, so Steurer.

Die Demonstranten hörten den Rednern zu. (Bild: Charlotte Titz)
Die Demonstranten hörten den Rednern zu.
Der Historiker Christian Seywerth sprach über die Geschichte des Sees. (Bild: Charlotte Titz)
Der Historiker Christian Seywerth sprach über die Geschichte des Sees.

Historiker Christian Seywerth und selbst Wahl-Joiser schilderte kurz die Geschichte des Neusiedler Sees und hob auch hervor, dass die Region dank des Sees ist, wie sie eben ist. „Durch das Mikroklima des Sees wird der Wein besonders fein, das Gemüse gedeiht besonders gut und auch das Obst, wie etwa die Leithaberger Edelkirsche reift mit besonderem Geschmack“, erklärte Seywerth. Trockne der See aus, würde es hier definitiv Einbußen geben.

Auswirkungen auf jegliches Leben
„Ist das Mikroklima dahin, hat das Auswirkungen auf alles, was hier wächst und gedeiht. Auch auf den Menschen. Und ja, es stimmt. Auch früher ist der See ausgetrocknet. Aber damals haben nicht so viele Leute vom See gelebt, deshalb waren die Auswirkungen geringer.“Auch die Segelclubs Neusiedl West, Yes Weiden am See und der Heeresyachtsportclub Jois wollten mit ihrer Anwesenheit aufzeigen, dass etwas geschehen muss.

„Es geht hier nicht nur um uns Segler und das Luxusproblem, das wir unseren Sport nicht ausüben zu können“, erklärte Marlene Buran vom Segelverein Yes. Es handle sich um ein Problem, das ganz Ostösterreich betrifft. Denn: „Verlandet der See, wird es auch keinen Radfahrer oder anderen Touristen mehr herlocken. Dann wird die Region verarmen, so viele Förderungen kann das Land gar nicht aufbringen.“

Auch Sascha Krikler, Gemeinderat in Jois hat seine Meinung zum See. Und sie deckt sich mit seinen Vorrednern. „Am Beispiel Zicksee hat man gesehen, wie schnell die Austrocknung gehen kann, wenn man den richtigen Zeitpunkt einzugreifen versäumt. Es ist für die Leute dort eine Katastrophe. Beim Neusiedler See wäre es eine noch viel größere Katastrophe, die große Probleme für die ganze Region bringen würden. Es gäbe wirtschaftliche Einbußen genauso, wie gesundheitliche Probleme, wenn der See komplett austrocknet.“

Einig sind sich alle. Es muss etwas passieren. Und das schnell. Damit der See – und die Region – weiterleben.

Verschiedene Stimmen und Ideen zur Demo und der Rettung des Sees
Aber natürlich gab es auch geteilte Meinungen zur Demonstration.  Nach wie vor wird nach Möglichkeiten gesucht, den Wasserstand des Neusiedler Sees wieder zu heben. Laut Landesrat Heinrich Dorner gibt es laufende Gespräche mit Ungarn hinsichtlich einer Wasserzufuhr aus der Moson-Donau.

„Aber auch eine innerösterreichische Variante ist Teil der Überlegungen, hier ist man schon in Abstimmung. Möglich ist aber auch ein Mix aus unterschiedlichen Modellen“, so Dorner. Ebenfalls ins Auge gefasst wurde eine relativ rasch umsetzbare Zwischen-Variante. Im Einser-Kanal nach der Einmündung der ungarischen Ikva soll eine neue Wehranlage errichtet werden. Das aufgestaute Wasser könnte dann durch ein Pumpwerk in den Neusiedler See eingeleitet werden. Dazu gibt es Ende Mai ein Treffen mit dem ungarischen Innenminister. „Eine nachhaltige Lösung für den See nur dann möglich, wenn alle an einem Strang ziehen“, sagt Dorner.

Die ÖVP schoss sich in einer Reaktion auf Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ein: Dieser müsse endlich handeln. Mehr Tempo forderte auch FPÖ-Landesparteisekretär Christian Ries: „Trotz Niedrigstwasser steht uns das Wasser bis zum Hals.“ Kritik am Joiser Aktionismus kam hingegen von den Grünen: „Wenn mit Dieseltraktoren eine Straßenblockade errichtet und dabei behauptet wird, den Neusiedler See retten zu wollen, geht das völlig am Problem vorbei.“

Das Thema See lässt wieder die Wogen hochgehen.

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