Wirklich nur Übung?

Russland beruft Reservisten ein – für „Training“

Mobilisierte russische Reservisten werden in der Oblast Tjumen verabschiedet.

(Bild: AP)

Mitten im verlustreichen, blutigen Ukraine-Krieg beruft Moskau seine Reservisten zu Übungen ein. Viele befürchten nun, dass es sich dabei nur um eine vorgeschobene Begründung handelt und die Männer in Wahrheit an die Front geschickt werden.

Am Mittwoch veröffentlichte das Amtsblatt ein von Präsident Wladimir Putin unterzeichnetes Dokument, das die Reservisten zur diesjährigen Übung verpflichtet. Mit diesem Erlass könne das Verteidigungsministerium aber entsprechende Anweisungen an die Wehrbezirksämter verfassen, die dann die bei ihnen gemeldeten Reservisten zu Übungen einberufen, berichtete die Staatsagentur Tass.

Viele flüchten ins Ausland
Angesichts des Kriegs in der Ukraine dürften viele Reservisten zweifeln, ob es sich in ihrem Fall nur um Übungen handelt oder ob sie an die Front im Nachbarland geschickt werden sollen. Schon bei den jüngsten Einberufungen von Rekruten hatten es viele junge Männer vorgezogen, ins Ausland zu flüchten. Russland hat nach ausländischen Schätzungen rund zwei Millionen Reservisten, von denen bereits bis zu 150.000 in der Ukraine im Einsatz sein sollen. Der nachfolgende Tweet zeigt das Dokument im Original:

Russland verwandelt sich in „digitales KZ“ 
Mitte April hatte die russische Staatsduma in einer Blitzabstimmung ein neues Gesetz verabschiedet, das es den Behörden erleichtern soll, Männer für den Krieg einzuziehen. Ab nun sollen die Einberufungsbefehle nicht nur in Briefform zugestellt werden, sondern auch auf elektronischem Wege. 

Damit ist es nicht mehr möglich, keinen Einberufungsbefehl zu erhalten, die Menschen sind den Behörden komplett ausgeliefert. Zudem wurde von offizieller Seite mitgeteilt, dass das in der russischen Hauptstadt installierte Gesichtserkennungssystem bereits zur Suche nach Wehrpflichtigen eingesetzt würde. Nun ist wirklich niemand mehr sicher. Denn Kameras findet man in Russland an jeder Ecke - in vielen Fällen sogar vor dem Stiegenhaus.