Deutscher Tarifstreit

Eisenbahner wollen nun 50 Stunden lang streiken

Ausland
11.05.2023 13:38

Die deutschen Eisenbahngewerkschafter blasen im derzeit tobenden Tarifstreit erneut zum Warnstreik. Und diesmal soll es der bisher längste werden: Von Sonntagabend 22 Uhr bis Dienstagnacht 24 Uhr soll praktisch der gesamte Zugverkehr im Nachbarland für 50 Stunden lahmgelegt werden! Die Deutsche Bahn hat bereits angekündigt, den gesamten Fernverkehr für rund zwei Tage einzustellen. ICE- und IC-Züge bleiben in den Depots.

„Da sich an den Verhandlungstischen nur wenig bewegt, wird jetzt noch einmal gestreikt“, teilte Cosima Ingenschay, Vorständin der Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft (EVG) am Donnerstag mit. „Insgesamt streiken wir 50 Stunden und erhöhen damit den Druck deutlich, weil uns die Arbeitgeber keine andere Wahl lassen“, hieß es von Verhandlungsführer Kristian Loroch. Der Personalvorstand der Deutschen Bahn, Martin Seiler, kritisierte den angekündigten Arbeitskampf am Donnerstag als „irrsinnig“ und „restlos überzogen“. „Statt Kompromisse zu suchen, will die EVG unglaubliche 50 Stunden das Land lahmlegen. Das ist quasi der Vollstreik ohne Urabstimmung“, teilte er mit.

(Bild: APA/dpa/Bernd Wüstneck)

ÖBB: „Auswirkungen auf Österreich diesmal gravierender“
Schon die letzten beiden Warnstreiks hatten auch Auswirkungen auf Verbindungen nach und von Österreich. Die Streiks werden diesmal ebenfalls Züge von und nach Österreich und Verbindungen zwischen Salzburg und Tirol über das Deutsche Eck zum Erliegen bringen, teilten die ÖBB auf APA-Anfrage mit. „Die Auswirkungen und Ausfälle werden diesmal gravierender und länger andauern als bei den letzten Streiks in Deutschland“, warnten die ÖBB.

Die Gewerkschaft verhandelt seit Ende Februar mit der Deutschen Bahn und 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen über höhere Tarife für rund 230.000 Beschäftigte. Die nächste Gesprächsrunde mit der Deutschen Bahn ist für den 23. Mai angesetzt. Die Gewerkschaft will bei den Verhandlungen mindestens 650 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten herausholen oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen, das alles bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von einem Jahr.

Daran angelehnt hat der bundeseigene Konzern zunächst einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 2.850 Euro vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise erhöht werden - um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie um acht Prozent für die oberen Lohngruppen. Die Deutsche Bahn will sich dagegen am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der Ende April erzielt wurde.

Reisende werden in der kommenden Woche wieder viel Geduld haben müssen. (Bild: APA/dpa/Bernd Wüstneck)
Reisende werden in der kommenden Woche wieder viel Geduld haben müssen.

Wirbel um ausgezahlte Premien
Für Unruhe inmitten des Tarifkonflikts sorgt ein Medienbericht, wonach Tausende Führungskräfte der Deutschen Bahn Ende April Prämien erhielten, die sich auf mindestens einen dreistelligen Millionenbetrag summieren. Die Prämien seien an 30.000 Beschäftigte ausgezahlt worden, darunter rund 3800 Führungskräfte, berichteten NDR und „Süddeutsche Zeitung“ am Mittwochabend. Aus Bahnkreisen hieß es dazu, dass der Konzern „die teils seit Jahrzehnten geltenden Arbeitsverträge der Beschäftigten, zu denen Tarifmitarbeitende und Führungskräfte zählen“, erfülle. Der NDR zitierte einen Bahn-Sprecher, dem zufolge die Gelder Ende April ausgezahlt wurden.

„Massive Auswirkungen auf Güterverkehr in Europa“
Die Deutsche Bahn geht von Sonntagabend an von „massiven Auswirkungen“ auf den gesamten deutschen Bahnbetrieb aus. „Es muss außerdem mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr gerechnet werden“, hieß es. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führen über das deutsche Schienennetz. Der Konzern kündigte im Personenverkehr umfangreiche Kulanzregelungen für die betroffenen Fahrgäste an.

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