Durch Putins Ukraine-Feldzug stehen die Themen Sicherheit und Verteidigung wieder im Fokus. Rund 100 heimische Rüstungsbetriebe dienen im Ernstfall nicht nur als notwendiger Rückhalt des Heeres, sondern erwirtschaften mit ihren boomenden Geschäften auch satte Gewinne und Steuern für Vater Staat.
Stell dir vor, es ist Krieg und keiner liefert mehr. Ein Problem, das eine starke heimische Rüstungsindustrie schnell beheben kann. Doch trotz der eigentlich großen strategischen Vorteile führen die Unternehmen im Sicherheits- und Verteidigungssektor oftmals ein Schattendasein in der öffentlichen Wahrnehmung. Die großen heimischen Waffenproduzenten wie beispielsweise Glock, Steyr Arms oder auch Hirtenberger mischen bei der weltweiten Aufrüstung aber auch ohne großes Aufsehen kräftig mit.
Der Bedarf der europäischen Militärs ist spätestens seit dem Kriegstreiben in der Ukraine auf ein neues Hoch geschnellt, und auch das heimische Bundesheer investiert bekanntlich wieder stark. Egal, ob Systemproduzenten – Hersteller ganzer Waffensysteme wie etwa der Panzerfahrzeuge Pandur oder Ulan – oder auch rot-weiß-rote Komponentenhersteller, die lediglich Teile für weitere Produktionsabläufe herstellen: Sie alle profitieren von den Krisenherden.
Die Auftragsbücher sind teilweise auch voll, erklären diverse Branchenkenner. Die heimischen Interessenvertreter sehen ebenfalls eine sehr positive Entwicklung: „Die Exporte der heimischen Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft liegen bei rund 90 Prozent. Unsere Firmen liefern qualitativ hochwertige Komponenten meist ins europäische Ausland. Vom Ukraine-Krieg wollen die Betriebe sicher keinen Nutzen ziehen, dazu gibt es auch eine ganz klare politische Meinung“, erklärt Reinhard Marak, Leiter der Arbeitsgemeinschaft Sicherheit und Wirtschaft in der Wirtschaftskammer.
Heimische Waffen und Geräte für unsere Soldaten
Vor allem bei den Investitionen des Bundesheeres sieht man branchenweit großes Potenzial für Lieferungen aus eigener Hand. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 (siehe Grafik) könnten 70 Prozent des Investitionsbedarfs etwa direkt mit heimischen Produkten oder teils auch mittels zugelieferter Komponenten und Technologien für ausländische Hersteller abgedeckt werden.
Und nach Angaben von Experten hat sich dieser Anteil auch bis heute nur marginal verändert. Gefragt sind nun die Einkäufer und Planer im Verteidigungsministerium, um auch den letzten Teil in der Kette eines nationalen Sicherheitssystems zu bewahren. Rund 100 heimische Rüstungsbetriebe stehen dafür bereit.
Waffen „Made in Austria“ gelten weltweit als Qualitätsprodukte
Steyr-Arms-Leiter Gerhard Unterganschnigg sieht im Interview mit der „Krone“ noch großes Potenzial für die heimischen Rüstungsschmieden.
„Krone“: Herr Unterganschnigg, Steyr oder auch das STG 77 sind jedem Waffenkenner in Österreich ein Begriff, wie läuft das Geschäft?
Unterganschnigg: Danke der Nachfrage, wir können uns nicht beschweren. Vom Sturmgewehr bis zur Pistole ist alles gut nachgefragt. Speziell das STG 77 ist ja mittlerweile eine weltweite Ikone und unser Aushängeschild.
Wirkt sich die aktuell sehr angespannte sicherheitspolitische Lage auch auf Ihre Absätze aus?
Ganz klar, ja! Die Migrationsdebatte, diverse Anschläge und auch das leidende Sicherheitsgefühl haben unsere Produkte bereits vor Corona sehr interessant gemacht. Im vergangenen Jahr sind wir stark gewachsen und haben neue Produkte auf den Markt gebracht.
Inwiefern helfen nun die Investitionen des Heeres?
Je nach Auftragslage liegt unser Exportanteil zwischen 50 und 90 Prozent. Wir hoffen, dass wir künftig mit unseren Produkten auch hierzulande noch besser reüssieren können und die Exportquote wieder ein klein wenig sinkt. Unsere 230 Mitarbeiter erwirtschaften ja immerhin einen Umsatz von rund 50 Millionen Euro im Jahr, davon zahlen wir auch gerne Steuern in Österreich.
Welche Stärken oder auch Schwächen hat die Rüstungsnation Österreich?
Unsere ganz klare Stärke ist der große Überlebenswille der heimischen Rüstungsindustrie. Denn trotz der restriktiven Außenwirtschafts- und Kriegsmaterialgesetze sowie deren strenge Auslegung konnte das notwendige Auftragsvolumen bis jetzt erkämpft werden. Allerdings werden uns diese Exportrestriktionen im Wettbewerb mit Deutschland, Italien & Co. zum Verhängnis.
Hätten Sie auch eine Lösung diesbezüglich parat?
Es kommt ganz darauf an, ob sich die heimische Politik endlich entschließt, aktiv an das Thema Produktion von Rüstungsgütern heranzugehen und auch generell industriefreundlicher zu werden. Immerhin wird unser Sektor im Krisenfall zu einer Notwendigkeit.
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