Wo ist Gegenoffensive?
Selenskyj verspricht Russland „böse Überraschung“
Während die Welt gebannt auf den Beginn der ukrainischen Gegenoffensive wartet, hat Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt: Man brauche noch etwas Zeit. Zwar könne das kriegsgebeutelte Land mit dem gelieferten Material angreifen und wahrscheinlich auch Erfolge feiern. Allerdings gebe es da ein großes Aber.
In einem am Donnerstag veröffentlichten BBC-Interview gab Selenskyj neue Einblicke in die aktuelle Lage im Krieg. Man könne zwar angreifen - allerdings würde die Ukraine nach derzeitigem Stand sehr viele Menschen verlieren. „Das ist inakzeptabel“, so der Präsident. Daher habe man sich entschieden, die angekündigte Gegenoffensive noch etwas hinauszuzögern.
Sanktionen schaden russischer Rüstungsindustrie
„Wir brauchen noch etwas Zeit“, führte Selenskyj fort. Konkret nannte der Staatschef gepanzerte Fahrzeuge, die noch nicht eingetroffen seien. Russland setze darauf, dass sich der Krieg in einen „eingefrorenen Konflikt“ verwandle, sagte Selenskyj.
Westliche Sanktionen hätten bereits erhebliche Auswirkungen auf die russische Rüstungsindustrie, etwa bei Artilleriemunition. „Sie haben noch viel in ihren Lagern, aber wir bemerken bereits weniger täglichen Beschuss in einigen Gebieten“, gab der Präsident zu bedenken. Er forderte, die Umgehung der Sanktionen zu verhindern, etwa die Lieferung von Gütern an Russland über Drittstaaten.
Sucht Russland Vorwand?
Selenskyj wies erneut russische Vorwürfe zurück, die Ukraine stecke hinter dem angeblichen Drohnenangriff auf den Kreml in Moskau vergangene Woche. Dabei könne es sich eher um eine „False Flag Operation“ handeln, mit der Russland einen Vorwand kreiere, um die Ukraine noch stärker anzugreifen. „Sie suchen ständig nach etwas, das wie eine Rechtfertigung klingt“, sagte Selenskyj. Aber das habe nicht gewirkt.
Selbst ihre eigenen Propagandisten haben es nicht geglaubt, weil es sehr, sehr künstlich wirkte.
Selenskyj über die Drohnen-Attacke auf den Kreml
Bild: Ukrainian Presidential Press Office
Großbritannien hat Berichten zufolge mehrere Langstrecken-Marschflugkörper vom Typ „Storm Shadow“ an die Ukraine geliefert. Das berichtete der US-Nachrichtensender CNN am Donnerstag unter Berufung auf mehrere hochrangige westliche Regierungsvertreter. Das Verteidigungsministerium in London wollte sich nicht dazu äußern.
Russische Armee rekrutiert nun selbst Häftlinge
Das britische Verteidigungsministerium berichtete am Donnerstag, dass die russische Armee mittlerweile nach Einschätzung britischer Geheimdienste selbst Häftlinge für den Angriffskrieg gegen die Ukraine rekrutiert. Es sei wahrscheinlich, dass sich allein im April 2023 bis zu 10.000 Gefangene dem Militär angeschlossen haben, teilte das Ministerium am Donnerstag mit. Die Initiative laufe seit Jahresbeginn.
Die Kampagne sei Teil des Versuchs, die Zahl der Soldaten zu erhöhen und gleichzeitig eine neue Mobilmachung zu vermeiden, die in der russischen Öffentlichkeit sehr unpopulär wäre, hieß es in London. Bereits zuvor hatte unter anderem der ukrainische Geheimdienst über eine Rekrutierung von Häftlingen durch das russische Verteidigungsministerium berichtet.
Nach Ansicht von Militärexperten sollen die Gefangenen, denen im Gegenzug für ihren Einsatz eine Begnadigung versprochen wird, als „Kanonenfutter“ eingesetzt werden, um reguläre Einheiten zu schonen. Zuvor hatte die Söldnertruppe Wagner seit Sommer 2022 in russischen Gefängnissen neue Kämpfer rekrutiert. Im Zuge eines Streits mit dem Verteidigungsministerium habe Wagner aber den Zugang verloren.
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