In Salzburg

„Kirche muss sich positiv verändern“

Salzburg
11.05.2023 21:00

Die Mitarbeiter der Erzdiözese Salzburg halten trotz der Skandale vergangener Jahre an ihrem christlichen Glauben fest.

Die Kirche habe ihre Glaubwürdigkeit verloren, antworten viele Salzburger auf die Frage, warum immer mehr Mitglieder aus der Katholischen Kirche austreten. Im Gespräch mit Katholiken, zum Teil auch ehemaligen, wird schnell eines klar: Durch die Skandale der vergangenen Jahre, allen voran die Missbrauchsfälle, befindet sich die Kirche in einer Krise.

„Um die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, braucht es auch weiterhin ein Hinschauen auf das, was passiert ist. Ein Hinschauen auf die Missbrauchsfälle und deren Aufarbeitung. Das Thematisieren der Probleme und die Prozesse müssen dabei transparent behandelt werden“, sagt Lucia Greiner. Die Salzburgerin ist Leiterin des Seelsorgeamts der Erzdiözese. Gegründet als Antwort auf den Nationalsozialismus möchte das Seelsorgeamt der Erzdiözese Salzburg Menschen in ihrem Leben unterstützen. Neben Greiner hat auch Seelsorgerin Theresa ein offenes Ohr für Menschen. In ihrem Fall für Kinder und Jugendliche (siehe Interview unten).

Die Seelsorge der Erzdiözese Salzburg begleitet Menschen in schwierigen Lebenslagen. (Bild: DIBK/Cincelli)
Die Seelsorge der Erzdiözese Salzburg begleitet Menschen in schwierigen Lebenslagen.
Katholiken erinnern sich durch das Kreuz an den Tod Jesu. (Bild: (c) www.VIENNAREPORT.at)
Katholiken erinnern sich durch das Kreuz an den Tod Jesu.

Weltoffenen Raum für alle Konfessionen schaffen
„Das Problem ist, dass von außen alles in die Institution Katholische Kirche zusammengeworfen wird. Die Missbrauchsfälle, das Thema der Frauen und Homosexualität“, sagt Richard Frasl, Pastoralassistent an der Katholischen Hochschulgemeinde, kurz KHG.

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Ich habe von klein auf positive Erfahrungen mit der Katholischen Kirche gemacht. Ich habe lernen dürfen, was die Kirche alles sein kann und dass ich Gott durch andere Menschen begegnen kann.

Richard Frasl ist Pastoralassistent in Salzburg

Der gebürtige Niederösterreicher kam vor etwa sechs Jahren nach Salzburg und arbeitet seither in der Kirche mit. „Ich habe von klein auf positive Erfahrungen mit der Kirche gemacht. Ich habe lernen dürfen, was Kirche alles sein kann und dass ich Gott durch andere Menschen begegnen kann“, sagt Frasl. „Ich finde es sinnvoll, seine Zeit für die junge Kirche einzusetzen. Und ich denke, dass wir etwas verändern und auch ein Vorbild sein können“, fügt er hinzu. Denn in der KHG sind nicht nur Katholiken willkommen. Für Frasl und seine Kollegen ist die Kirche ein weltoffener Ort.

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Um die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, braucht es weiterhin ein Hinschauen auf das, was passiert ist. Ein Hinschauen auf die Missbrauchsfälle, deren Aufarbeitung, und Transparenz.

Lucia Greiner, Leiterin des Seelsorgeamts Salzburg

 Auch Greiner ist der Meinung, dass sich die Kirche verändern muss. Neben der Einbindung von mehr Laien in kirchliche Ämter werde es zur Trennung von Spreu und Weizen kommen. „Ich denke, dass Menschen sich bewusster für den Glauben entscheiden werden“, sagt Greiner. Allein im Vorjahr verzeichnete die Erzdiözese Salzburg einen Rekord an Austritten. 7403 Katholiken wandten sich von der Kirche ab. 4913 von ihnen allein im Salzburger Teil der Diözese, zu der auch Gebiete Tirols zählen. Dem gegenüber stehen nur 381 Personen, die 2022 ihren Austritt widerriefen oder beitraten.

„Ohne die Kirche wäre die Welt ein egoistischer Ort“
Dass die Kirchen-Krise eine rein katholische sei, lässt sich in Hinblick auf andere christliche Glaubensrichtungen widerlegen. Denn auch die Evangelische Kirche verzeichnete österreichweit im Vorjahr fast 6000 Austritte. Und das, obwohl dort Pastoren heiraten dürfen und auch Frauen in Ämtern zugelassen sind.

Gäbe es die Katholische Kirche in Salzburg nicht mehr, dann würden nicht nur die regelmäßigen Anrufer der Seelsorge darunter leiden, denkt Frasl. „Ohne die Katholische Kirche wäre die Welt ein Ort, an dem der Egoismus vorherrschen würde. Weil der christliche Glaube lebt von der Gemeinsamkeit“, sagt er. 

Interview

Jungen Menschen in schwierigen Lebenslagen eine Stütze sein
 Theresa arbeitet ehrenamtlich als Seelsorgerin und hilft Kindern und Jugendlichen in schwierigen Situationen weiter.

Theresa, Sie arbeiten als ehrenamtliche Seelsorgerin bei der Erzdiözese. Seit wann machen Sie das?

Seit 2019 bin ich ehrenamtlich bei der kids-line Telefonseelsorge dabei. Wir sind per Telefon und Chat für Kinder und Jugendliche da, hören ihnen zu und helfen, wenn wir können.

Wie genau kann man sich das vorstellen?

Wir sind acht Stunden am Tag besetzt. Da arbeiten wir in Zwei- oder Vier-Stundenschichten. Und die Kinder und Jugendlichen können uns dann einfach schreiben oder anrufen. Die jüngeren von ihnen - die Jüngsten sind acht Jahre alt - nutzen lieber den Chat. Die älteren Kinder, ab dem Teeniealter ungefähr, benutzen lieber das Telefon.

Theresa ist Seelsorgerin (Bild: Erzdiözese Salzburg)
Theresa ist Seelsorgerin

Gibt es Zeiten, in denen das Angebot vermehrt genutzt wird?

Besonders an Weihnachten und Feiertagen melden sich viele Kinder bei uns. Weil sie einsam sind und niemanden haben. Der November 2022 war der bisher stärkste Monat. Da hatten wir einen Höchstwert von mehr als 3000 Anfragen.

Welche Themen besprechen Sie mit den Kindern und Jugendlichen?

Das ist sehr unterschiedlich. Alle Formen der Gewalt: psychische, körperliche, sexualisierte sowie Suizidalität und Selbstverletzung sind vertreten. Noch vor wenigen Jahren waren die Themen schulische Sorgen und Liebeskummer. Aber die sind immer weniger geworden.

Liegt das vielleicht an der Pandemie?

Natürlich auch, ja. Weil die Einsamkeit gerade durch die Pandemie mehr geworden ist.

Konnten Sie mit Ihren Kollegen der kids-line die Telefonseelsorge während der Lockdowns weiterführen?

Ja, zum Glück. Wir konnten im Homeoffice durchgehend weiterarbeiten und uns um die Kinder kümmern.

Da der Träger der Seelsorge kids-line die Erzdiözese Salzburg ist: Beschäftigen die Kinder und Jugendlichen, die anrufen oder schreiben, auch religiöse Themen?

Ja, vor allem deshalb, weil wir allen Religionen Raum geben wollen. Die Kinder haben kulturelle Unterschiede und das darf auch sein. Das ist das Schöne am christlichen Gedanken. Weil wir sind für alle da, egal was sie glauben.

Da Theresa als anonyme Ansprechperson für Kinder und Jugendliche arbeitet, wird ihr Nachname nicht genannt.

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