Sie werden oft nicht gesehen, ihre Sorgen nicht gehört: pflegende Angehörige. Wie ein Grazer, der sein vierjähriges Kind rund um die Uhr betreut. SP-Landesrätin Doris Kampus will für pflegende Angehörige ein „Auffangnetz“ schaffen.
Im Vorraum der Wohnung hängt ein entzückendes Bild von Leopold: Ein gutes Jahr ist der herzige Knirps da gewesen, man vermeint fast sein glucksendes Lachen zu hören, während er vergnügt an seiner Banane knabbert, sein kleiner Mund ist schon ganz verschmiert. So sieht Glück aus. „Mama“ und „Papa“ hat der Kleine schon gesagt, seine ersten Worte. Die Eltern werden sie nie mehr hören.
Denn heute, mit vier Jahren, sitzt der Kleine lethargisch in einem Rollwagerl. Er kann nicht mehr sprechen, nicht krabbeln oder gehen, nicht einmal essen, die Nahrung muss er per Sonde bekommen. Wie viel er von seiner Umgebung wahrnimmt - man weiß es nicht. Was er fühlt - niemand kann es wirklich sagen. Man sieht ihn da nur sitzen. Man schaut auf das Foto an der Wand. Und es zerreißt einem das Herz.
Die Eltern stehen heute noch unter Schock, das merkt man deutlich. Zumal es nicht wirklich eine Erklärung gibt, für das, was da an Unfassbarem passiert ist. Nur, wie schnell es ging. Mit 15 Monaten, Mama Claudia war gerade mit Töchterl Liliana hochschwanger, bekam der Bub so etwas wie eine Darminfektion, mit Durchfall. Nicht so unüblich bei Kindern.
Blutvergiftung, Herzstillstand, Koma
Doch bei Leopold war es anders. Ein Keim, hieß es. Er verfiel in kürzester Zeit, erlitt eine Blutvergiftung, Herzstillstand, fiel ins Koma, lag auf der Intensivstation, sein kleiner Körper an den vielen Schläuchen. Die Ärzte konnten ihn retten. Aber Leopold ist schwer behindert.
Für die Eltern ist die Welt aus allen Fugen geraten. Leopold braucht ständig jemanden. Ein paar Stunden frei? Undenkbar. Ein Ausflug? Nicht möglich, Leopold braucht seine Sondennahrung. Ein Urlaub? Schon finanziell nicht drin. Und überhaupt: Die Leute schauen so. Und Liliana wird auch nie so unbeschwert sein wie andere Kinder.
Der Vater musste seinen Job aufgeben, weil Leopold rund um die Uhr Hilfe braucht. Er ist nur bei seiner Frau mitversichert, verdient für seine physisch wie psychisch schwer herausfordernde Arbeit keinen Cent.
„Pflegende Angehörige bei Stadt Graz anstellen“
„Unbedankt, oft unversichert, unbezahlt - so geht das für Menschen, die Angehörige pflegen, nicht mehr weiter!“, sagt SPÖ-Landesrätin Doris Kampus, die diesen Punkt zu ihrem Herzensprojekt gemacht hat. Sie wird nun einen wirklich großen, bahnbrechenden Schritt setzen. Nämlich: „Ich will dafür sorgen, dass Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, bei der Stadt Graz oder einer stadtnahen Gesellschaft angestellt werden.“ Ein längst fälliger Schritt! Bislang gab es Pflegegeld für die Betroffenen - aber die Pflegenden selbst sind oftmals weder ausreichend versichert noch haben sie ein Einkommen oder für die spätere Pension vorgesorgt.
Die Politikerin orientiert sich damit am burgenländischen Modell, das sich seit 2019 um Angehörige kümmert und für sie ein Angestelltenmodell bietet. Doris Kampus: „Das will ich auch für uns und werde es umsetzen.“ Die erste Ausbaustufe in Graz: „Das Budget ist zunächst für die ersten 20 Steirer, die angestellt werden können, mit einer Million Euro gesichert. Das wird dann sukzessive ausgebaut.“
In Graz fangen wir an, das Modell wollen wir auf die ganze Steiermark umlegen. Ich möchte Pflegenden eine Stimme geben und die Wertschätzung, die ihnen zusteht.
Doris Kampus
Doris Kampus, die mit den Leuten „fühlt, ich spüre ihre Ängste, Sorgen, verstehe ihre Anliegen“, will Pflegende damit aus der Versenkung holen, ihnen auch die Wertschätzung für ihre große Tätigkeit geben. Und ihnen Anlaufstellen bieten, „natürlich brauchen auch sie Hilfe und Unterstützung“.
Auf Leopolds Familie kommt mit behindertengerechtem Umbau und dem dringend benötigten Auto viel zu. Wir möchten ihr mit unserer Hilfsaktion beistehen. „Die Krone hilft - Steiermark“, AT15 2081 5000 4456 9523, KW Leopold
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