Ein besonders tragischer Unfall bei einer Polizeiübung ist am Freitag im Grazer Straflandesgericht verhandelt worden. Ein Polizist hatte im September 2022 bei einer Einsatzübung einem 27-jährigen Kollegen in den Rücken geschossen, weil er vergessen hatte, seine Dienstwaffe gegen eine ungefährliche Übungswaffe zu tauschen. Der Beamte wurde wegen grob fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 5760 Euro sowie einer bedingten Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
„Man glaubt, man hat alles gesehen und dann passiert so etwas“, sagte Staatsanwalt Hansjörg Bacher. Der Angeklagte hatte mit einer Gruppe Polizisten in den Räumen der Landespolizeidirektion eine Übung abgehalten, bei der es zu dem tödlichen Schuss kam. „Irgendwo ist in dem Keller der Teufel gesessen und hat gewartet, dass etwas passiert“, formulierte es Richter Andreas Rom. Alle Beteiligten waren sichtlich erschüttert von dem Vorfall, der „das abrupte Ende einer hoffnungsvollen Polizeikarriere“, so Bacher, bedeutet hat.
Angeklagter rechtfertigte sich unter Tränen
Der 40-jährige Angeklagte, sichtlich gezeichnet von dem Vorfall, konnte nur schwer über den Tathergang sprechen. Er hatte an diesem Tag dafür gesorgt, dass die Übungsteilnehmer alle Waffen sicher in einem Spind verwahrt haben, „um einen unabsichtlichen Zugriff zu verhindern“. Fatalerweise vergaß er dabei auf seine eigene Dienstpistole.
Erst in dem Moment habe ich realisiert, dass ich mit meiner scharfen Waffe geschossen habe.
Erklärt der Angeklagte unter Tränen
„Ich wollte einen Fehler korrigieren“
Dann sollten drei Mann mit - roten - Übungspistolen eine Situation üben. „Ich wollte einen Fehler korrigieren“, schilderte der Beschuldigte. Also stellte er sich hinter einen der Kollegen und wollte demonstrieren, dass man die Waffe nur vor dem Körper oder seitlich nach unten halten solle. „Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass man sich schreckt oder stolpert, wenn der Täter auftaucht und ein Schuss den Vordermann trifft“, erläuterte er.
Um das zu demonstrieren, drückte er ab - und verletzte den 27-jährigen Vordermann tödlich. „Erst in dem Moment habe ich realisiert, dass ich mit meiner scharfen Waffe geschossen habe“, meinte er unter Tränen.
„Was sagt man Eltern, deren Sohn man erschossen hat?“
„Er hat von Anfang an nichts beschönigt oder eine Ausrede gesucht“, führte der Verteidiger an. Sein Mandant habe mittlerweile auch mit der Familie des Getöteten gesprochen. „Was sagt man Eltern, deren Sohn man erschossen hat?“, fragte der Angeklagte verzweifelt. Er beschrieb den Kollegen als „lebenslustig, sehr engagiert und aufgeweckt“.
Er selbst ist in Therapie und hat sichtlich Mühe, das Geschehene irgendwie zu verarbeiten. „Es gab an diesem Tag nur Opfer“, war der Ankläger überzeugt. Seit diesem Vorfall dürfen - zumindest in der Steiermark - nur mehr zwei Personen zusammen so ein Training leiten.
Geldstrafe von 5760 Euro und sechs Monate bedingt Haft
Der Richter fand eine Geldstrafe von 5760 Euro und sechs Monate bedingt Haft für die grob fahrlässige Tötung für angemessen, denn damit kann der Angeklagte weiterhin im Polizeidienst bleiben. Der Polizist nahm das Urteil an, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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