Im Fall um den Anwalt Marcus Hohenecker, der im Vorjahr im Namen einer Mandantin Tausende Briefe an Unternehmer und Privatpersonen verschickte und darin 190 Euro wegen der Nutzung von Google Fonts forderte, gibt es nach Kontoöffnungen eine neue Verdachtslage. In 1797 Fällen folgten Abgemahnte dem Schreiben und bezahlten. Hoheneckers Mandantin habe dabei rund 358.000 Euro lukriert, Hohenecker selbst 43.000 Euro, berichtete Peter Harlander, dessen Kanzlei Betroffene vertritt.
Harlander beruft sich dabei auf ein Schreiben der Landespolizeidirektion Niederösterreich, die im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) das auf den Abmahnschreiben angegebene Konto von Hohenecker geöffnet hat. Bei der WKStA wird gegen zwei Beschuldigte wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs ermittelt. Das Ermittlungsverfahren sei nach wie vor am Laufen, hieß es aus der WKStA.
„Der Verdacht meiner Mandanten, dass bei dieser Abmahnwelle massive Ungereimtheiten bestehen, wird mit jedem Ermittlungsschritt der WKStA erneut bestärkt“, sagte Harlander am Freitag
Dass Hoheneckers Mandantin aus den Abmahnungen etwa 358.000 Euro bekam und Hohenecker nur rund 43.000 Euro verwundere, da sich der in der Abmahnung geforderte Betrag aus 100 Euro Schadenersatz für Hoheneckers Mandantin und 90 Euro Honorar für Hohenecker zusammensetzte. „Eigentlich müsste die Aufteilung daher zumindest im Verhältnis 10:9 erfolgen“, so Harlander.
Ungewöhnliche Aufteilung
Ein denkbares Motiv für die auf den ersten Blick ungewöhnliche Aufteilung sei die ungleiche steuerliche Behandlung. Ein Schadenersatz für immaterielle Schäden sei keine Einnahme, sondern ein Ausgleich für den erlittenen Schaden und unterliege nicht der Einkommenssteuer. Die Honorareinnahmen eines Rechtsanwaltes würden hingegen der Umsatzsteuer und der Einkommenssteuer unterliegen.
Aufgrund der neuen Aktenlage sei nun eine weitere Sachverhaltsdarstellung an die WKStA, das zuständige Finanzamt sowie die Rechtsanwaltskammer wegen des neuen Verdachtes der Steuerhinterziehung übermittelt worden. Bei der WKStA hieß es auf Nachfrage, dass alles, was im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens eingebracht wird, geprüft werde.
Mehr als 26.000 Abmahnschreiben verschickt
Hohenecker hatte vergangenes Jahr mehr als 26.000 Abmahnschreiben an Webseitenbetreiber verschickt, die Google Fonts, also von Google bereitgestellte Schriftarten, verwendeten. Eine Mandantin von Hohenecker sah laut ihrem Anwalt darin einen Kontrollverlust über ihre Daten und machte einen Gefühlsschaden geltend. Anwälte, die betroffene Webseitenbetreiber vertreten, argumentieren, dass Hoheneckers Mandantin gar keinen Gefühlsschaden erlitten haben könne, weil es unrealistisch sei, dass sie derart viele Webseiten eigenhändig angesurft habe.
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