Südlich von Wien entsteht die weltweit größte und modernste Trainingsanlage für Drohnenabwehr. Der Chef: ein erst 32-jähriger Oberösterreicher. Die „Krone“ war als erstes Medium zu Besuch.
Er hat den Himmel über der Airpower gesichert, den G20-Gipfel auf Bali überwacht, und setzt jetzt alles daran, Österreich zu einer führenden Nation im Bereich der Drohnenerfassung zu machen: Stephan Kraschansky, 32, steht hier auf dem Flugplatz Wien-Vöslau vor einem 28 Meter hohen, mobilen Überwachungsturm. Er ist Geschäftsführer der Österreich-Tochter der „Aaronia AG“, dem deutschen Weltmarktführer im Bereich der Drohnendetektion. Noch zwei weitere dieser Masten, und selbst kleinste Funkdrohnen können per Triangulation rund um Vöslau kilometerweit geortet werden. Doch wozu das Ganze?
Großevents, Kasernen, kritische Infrastruktur
„Wir spielen laufend mögliche Szenarien durch“, erklärt Kraschansky wenig später in seinem Büro am Flugplatz. „Stellen Sie sich vor, eine handelsübliche Drohne fliegt über ein volles Fußballstadion, und verteilt dabei weißes Pulver. Kaum auszudenken, was bei einer möglichen Massenpanik passieren würde - selbst wenn es nur Mehl gewesen wäre.“
Der junge Oberösterreicher hat fast sein ganzes Berufsleben mit Drohnenabwehr verbracht, hat als ehemaliger Offizier im Bundesheer mit ELDRO eine der fortschrittlichsten Anti-Drohnen-Einheiten Europas aufgebaut - bis der Frust über fehlende Entscheidungen und interne Querelen zu groß wurde. Dass die Gefahr, die von Drohnen ausgeht, erst jetzt langsam zu Entscheidern durchdringt, lässt ihn bloß den Kopf schütteln. Dabei wird die Liste an Vorfällen fast täglich länger.
Flughäfen gesperrt, Schmuggel an Häftlinge
Illegale Drohnenflüge haben etwa 2018 den Londoner Flughafen Gatwick lahmgelegt, 2021 war der Flughafen Frankfurt dran. In Italien schmuggelte die neapolitanische Mafia per Drohne eine Waffe in ein Gefängnis, und in Mexiko griffen Kartell-Mitglieder mit ferngesteuerten Flugobjekten die örtliche Polizei an. Sicherheitsberater von der österreichischen Beraterfirma TAAS inkludieren längst schon das Thema „Drohnenabwehr“ automatisch in ihre Risikoanalysen. Und dabei betrifft das alles den zivilen Bereich. Wir reden noch gar nicht von der Ukraine.
„Auch dort sind wir mit mehreren Systemen im Einsatz“, erklärt Kraschansky. Die ukrainischen Soldaten wurden in Deutschland auf den Geräten ausgebildet, mehrere einschlägige Abzeichen hängen an der Wand in Kraschanskys Büro. „In der Ukraine lernt die Welt derzeit am meisten über unbemannte Fluggeräte. Alles, was fliegt, wird hier zur Waffe“ (siehe Bericht unten).
Perfekte Bedingungen in Bad Vöslau
Doch zurück nach Vöslau. Die drei Früherkennungsmasten gehen kommende Woche in Betrieb, ab dann können in dem modernen Zentrum jährlich hunderte Drohnenjäger ausgebildet werden. Auf dem Flugplatz habe man aufgrund zahlreicher ziviler Sender und Flugbewegungen perfekte Trainingsbedingungen. „Wie im echten Leben“, sagt Kraschansky, und strahlt - im Gegensatz zu den hochkomplexen Ortungsgeräten an der Mastspitze. „Wir verwenden nur passive Sensoren, die permanent nach Funkfrequenzen von Drohnen zu ihren Steuergeräten lauschen. Wir senden selbst keine Strahlung aus“, so Kraschansky. Wenn nötig, kann der passive „Frequenzhorcher“, der permanent auf der Suche nach den speziellen Drohnen-Funksignalen ist, mit Radar oder Infrarot-Kameras ergänzt werden.
Aufruf: Wer will gegen die Experten anfliegen?
Einziger Wermutstropfen: es gibt zu wenig Spezialisten am Markt. „Die formelle Ausbildung ist mir eigentlich egal. Ich brauche Hacker aus der Szene. Bastler. In Deutschland haben wir Mitarbeiter, die kaufen den ganzen Tag Elektrobauteile auf AliExpress und dergleichen, um so die schwierigsten Feinddarsteller für unser System zu bauen“, sagt Kraschansky. Und per „Krone“ stellt er sich einer besonderen Herausforderung: „Wenn es in Österreich besonders begabte Drohnenbastler gibt, bitte um Kontaktaufnahme unter drohnenpiloten@aaronia.at. Wir freuen uns immer über ernstzunehmende Herausforderer“.
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