Bei Austro-Türken vorn

Jetzt fix: Erdogan muss in die Stichwahl

Ausland
15.05.2023 15:33

Recep Tyyip Erdogan muss in eine Stichwahl - jetzt auch offiziell. Das Stimmverhalten von Türken in Österreich und anderen Ländern fällt dagegen deutlich zugunsten des amtierenden Präsidenten aus. Die Stichwahl könnte nun von einem ultranationalistischen Politiker entscheidend beeinflusst werden.

Die wahlberechtigten Türkinnen und Türken in Österreich haben sich bei der Präsidentschaftswahl erneut deutlich für Recep Tayyip Erdogan ausgesprochen. Auf den amtierenden Präsidenten entfielen nach Auszählung von 97,14 Prozent der Wahlurnen knapp 72 Prozent der Stimmen, wie aus Zahlen der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Montag hervorging.

(Bild: AP)

Offizielle Zahlen der Wahlbehörde liegen noch nicht vor. In eine Stichwahl muss Erdogan dennoch. In der ersten Runde erhielt der amtierende Präsident 49,51 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu kam auf 44,88 Prozent, teilte am Montag der Chef der Wahlbehörde mit. Die Stichwahl ist für den 28. Mai angesetzt. 

Insgesamt waren rund 64 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen, davon rund 3,4 Millionen im Ausland. Für die zweite Runde können Wählerinnen und Wähler mit türkischem Pass in Österreich und anderen Ländern zwischen dem 20. und 24. Mai ihre Stimme abgeben.

Auch in Deutschland entfielen auf den Amtsinhaber beim Stand von knapp 98 Prozent der ausgezählten Wahlurnen knapp zwei Drittel der Stimmen. Laut diesem Zwischenstand erhielt Erdogan in Deutschland knapp 65 Prozent der Stimmen, Oppositionsführer Kılıçdaroğlu kam dagegen nur auf knapp 33 Prozent. Erdogan schnitt somit in Österreich, Deutschland, aber auch in Frankreich oder den Benelux-Staaten, sowie weiteren europäischen Staaten mit vielen Auslandstürken, weitaus besser ab als bei der Wahl insgesamt.

Kılıçdaroğlu in der Schweiz vorne
Nur in der Schweiz konnte sich Kılıçdaroğlu bei den türkischen Wählern durchsetzen. Nach Auszählung aller Wahlurnen kam der Oppositionskandidat dort auf 57,60 Prozent, Erdogan hingegen nur auf 40,33 Prozent. Der Hintergrund dürfte hier sein, dass viele Oppositionelle nach dem Militärputsch 1980 in der Schweiz Zuflucht gefunden haben.

Kemal Kılıçdaroğlu konnte in der Schweiz punkten. (Bild: AP)
Kemal Kılıçdaroğlu konnte in der Schweiz punkten.

Königsmacher Sinan Ogan? 
Der Kandidat eines ultranationalistischen Parteienbündnisses, Sinan Ogan, wurde abgeschlagen Dritter. Er könnte nun zum Königsmacher werden. Welchen Kandidaten er unterstützt, mache er von Zugeständnissen an Kurden abhängig: „Wir werden uns mit unserer Wählerbasis für unsere Entscheidung in der Stichwahl beraten“, sagte Ogan am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. „Aber wir haben bereits jetzt deutlich gemacht, dass der Kampf gegen Terrorismus und das Zurückschicken von Flüchtlingen unsere roten Linien sind.“

TV, Radio, Hauswände: Erdogan war im Wahlkampf omnipräsent. (Bild: AP)
TV, Radio, Hauswände: Erdogan war im Wahlkampf omnipräsent.

Der Wahlkampf galt unter Experten als unfair, auch wegen der medialen Übermacht der Regierung. Erdogan hatte die Opposition scharf attackiert und seinen Gegner etwa als „Säufer“ und „Terroristen“ bezeichnet. Die Opposition hielt mit einer positiven Kampagne dagegen.

Die Türkei erfülle die Prinzipien einer demokratischen Wahl nicht, sagte Frank Schwabe (SPD), Leiter der Wahlbeobachtungsmission des Europarats. Bei der Stimmauszählung habe es an Transparenz gefehlt, hieß es von der Delegation. Die Wahlbehörde solle klarstellen, wie genau sie Wahlergebnisse veröffentliche.

Erdogan hat jetzt gute Chancen
In der zweiten Runde habe das Bündnis um Erdogan „numerische und psychologische Vorteile“, sagte Galip Dalay, Experte beim britischen Think Tank Chatham House. „Im Wahlkampf dürfte er vor allem das Thema Stabilität betonen, zumal sein Bündnis schon jetzt die Mehrheit im Parlament hat.“

Erdogan genießt vor allem bei frommen Türken Rückhalt, die sich in der säkularen Türkei einst entrechtet fühlten. Menschenrechtsaktivisten werfen ihm dagegen vor, die türkische Demokratie beschädigt zu haben. Kritiker fürchten, dass er seinen autoritären Kurs bei einem Wahlsieg fortsetzt

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