Am dritten Prozesstag im Betrugsprozess um Ex-Familienministerin Sophie Karmasin warten alle im voll besetzten großen Schwurgerichtssaal in Wien auf CASAG-Kronzeugin Sabine Beinschab. Die Stimmung ist angespannt und düster. Vor allem zwischen der Angeklagten und Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic (WKStA). Sabine Beinschab nimmt sich indes als Zeugin kein Blatt vor den Mund.
Eine Freundschaft wird das nicht mehr zwischen Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic von der WKStA und Ex-Familienministerin Sophie Karmasin. Der dritte Prozesstag gegen die Meinungsforscherin startet mit einer ergänzenden Befragung der Angeklagten. Der Große Schwurgerichtssaal ist voll besetzt, aber viel weniger beleuchtet als sonst. Düster ist die Stimmung, eiskalt die Konversation zwischen dem Korruptionsjäger und Karmasin.
„Am Tag X war ich blank“
„Frau Karmasin, stimmt es, dass Sie BWL studiert haben?“, will Adamovic in Bezug auf eine nicht korrekt datierte Rechnung Karmasins nach der Bezugsfortzahlung wissen. „Wir haben das schon besprochen, es fällt mir schwer, Ihre Fragen zu beantworten“, argumentiert Karmasin, dass ihr Studium lange zurückliegt, sie im Unternehmen früher nichts mit Rechnungslegungen zu tun hatte: „Am Tag X war ich da blank!“, lässt sich die Angeklagte dann doch auf eine Diskussion mit Adamovic ein.
Adamovic platzt der Kragen
Der Oberstaatsanwalt ist bestens vorbereitet: „Das ist leider unrichtig. Das ist leider auch falsch. Das ist jedenfalls nicht korrekt“, kommentiert Adamovic im Minutentakt die Antworten Karmasins. „Wollen Sie mir vorhalten, welche Gedanken ich in den letzten 15 Jahren hatte? Ich sage es jetzt zum gefühlt 100. Mal“, wehrt sich die 56-Jährige. Als sie sagt, „offenbar haben Sie die Unterlagen nicht genau gelesen“, wird Adamovic laut.
Kronzeugin Sabine Beinschab wird befragt
Um 11.10 Uhr nimmt Sabine Beinschab, „Kronzeugin“ im CASAG-Prozess, im Zeugenstand Platz. Ihre Befragung wird mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Die 39-Jährige nutzt ihren Auftritt für Botschaften an die Medien. Sie sei nicht die beste Freundin von Frau Karmasin gewesen und sie habe frühere Studien für Thomas Schmid nicht gemacht, sondern sei als Mitarbeiterin Karmasins involviert gewesen.
Im Prozess gegen die Ex-ÖVP-Ministerin und einen mitangeklagten Abteilungsleister im Sportministerium geht es einerseits um Aufträge des Sportressorts, für die sie nach ihrer politischen Karriere durch illegale Preisabsprachen den Zuschlag bekommen haben soll. In diesem Punkt kommt Beinschab ins Spiel.
Gut gelaunte Beinschab belastet Karmasin schwer
„Damit sie den Zuschlag bekommt, hat sie mich gebeten, ein Vergleichsangebot zu stellen. Und auch gefragt, ob ich jemanden Dritten kenne“, sagt Beinschab. „Besser, wir bringen das, als sie (Anm.: Sportministerium) machen das“, soll Karmasin gesagt haben. „Ich war der Trottel“, so Beinschab weiter. „Es war ein Fehler, dass ich das gemacht habe. Ich hab davon gar nichts gehabt. Es war ein reiner Gefallen“, führt die Zeugin aus, dass Karmasin Preis und Inhalt vorgegeben hätte. Im Gegensatz zu Karmasins Aussage ist sich Beinschab sicher, dass sie die Studie ebenfalls durchführen hätte können. „Alles, was sie gemacht hat, kann ich auch.“
Sophie war meine Chefin, mein Vorbild. Sie wusste auch, dass ich das so sehe. Dementsprechend hat sie mich ausgenutzt.
Sabine Beinschab über Sophie Karmasin.
„Ich schau auf zu ihr, ich mach, was sie von mir will"
Im Gegensatz zu Karmasin, die vom Oberstaatsanwalt genervt scheint, gibt sich Beinschab gegenüber Richter Patrick Aulebauer fast übertrieben freundlich und kooperativ, lacht immer wieder. Etwas nachdenklicher sagt sie: „Sophie war meine Chefin, mein Vorbild. Sie wusste auch, dass ich das so sehe. Dementsprechend hat sie mich ausgenutzt.“ Rund fünf Meter neben ihrer Ex-Chefin sitzend, belastet sie diese schwer und zeigt dabei wenig Emotionen. Auch Karmasin schenkt ihrer früheren Freundin kaum einen Blick.
Kartellrechtliche Verurteilung letzten Dienstag
Mittlerweile ist auch klar, warum Beinschab am 9. Mai keine Zeit für eine Zeugenaussage hatte. An diesem Tag hatte sie eine Verhandlung bei der Bundeswettbewerbsbehörde, wo sie kartellrechtlich wegen Wettbewerbsbeschränkung zu einer Geldbuße von 6000 Euro verurteilt wurde.
Der zweite Vorwurf betrifft die Bezugsfortzahlung nach dem Ausscheiden aus dem Ministeramt mit 18. Dezember 2017. Während der Entgeltfortzahlung hätte Karmasin nichts dazuverdienen dürfen. Hier geht die Anklage davon aus, dass die frühere Ministerin parallel als Selbstständige Aufträge annahm.
Urteile werden am 23. Mai erwartet
Nach fünf Stunden wird Sabine Beinschab in der Befragung müde: „Ich bin seit 9 Uhr da und es ist schon schwer mit der Konzentration.“ - vertagt auf 23. Mai. Dann soll es die Urteile geben. Mit den Worten „Danke schön auch und einen schönen Abend noch!", verabschiedet sich Beinschab aus dem Gerichtssaal. Es wird nicht ihr letzter Auftritt bleiben.
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