Spätes Eingeständnis
Brexit-Architekt Farage nennt Austritt Misserfolg
Großbritanniens berühmtester Brexit-Prediger, Nigel Farage, kehrt seinem Projekt den Rücken zu. Das Land schlittert seit dem Ausscheiden aus der Europäischen Union von einer Krise in die nächste. Farage wittert einen „Vertrauensbruch“.
„Wir haben wirtschaftlich nicht vom Brexit profitiert, obwohl wir es hätten können“, sagte Farage am Montagabend im BBC-Fernsehen, der von vielen als Architekt des britischen EU-Austritts bezeichnet wird. „Was der Brexit leider bewiesen hat, ist, dass unsere Politiker genauso zu nichts zu gebrauchen sind wie die Brüsseler Kommissare. Der Brexit war ein Misserfolg.“
Farage wurde in dem Interview mit den explodierenden Migrantenzahlen, dem Arbeitskräftemangel und der schwachen Wirtschaftsentwicklung in Großbritannien konfrontiert. „Der einzige Grund, warum wir das Referendum gewonnen haben, war, dass die Leute dachten, durch die Kontrolle unserer Grenzen würden die Zahlen (der Migranten) runtergehen.“
Wir haben die Kontrolle, aber wir regulieren unsere Unternehmen jetzt sogar mehr als in der Zeit der EU-Mitgliedschaft.
Nigel Farage
Bild: APA/AFP/PHILIPPE HUGUEN
Farage spricht von „Vertrauensbruch“
Tatsächlich würden die Zahlen nun aber „explodieren“. Diesbezüglich hätten die regierenden Konservativen einen „Vertrauensbruch“ begangen, kritisierte er. Zudem würden Gesetzesbeschlüsse im wirtschaftlichen Bereich „die Firmen aus diesem Land vertreiben“. 2017 kündigte der Brexit-Treiber in einem Radiointerview noch vollmundig an, Großbritannien zu verlassen, falls der EU-Austritt zum „Disaster“ werden sollte.
„Wir haben die Kontrolle, aber wir regulieren unsere Unternehmen jetzt sogar mehr als in der Zeit der EU-Mitgliedschaft“, so Farage, der vor diesem Hintergrund auch ein politisches Comeback nicht ausschloss.
Farage hatte sich als Chef der „UK Independence Party“ (UKIP) und Europaabgeordneter jahrelang für einen EU-Austritt seines Landes eingesetzt. Damit setzte er vor allem den konservativen Tories zu, dessen Chef und Premierminister David Cameron dann vor der Unterhauswahl 2015 ein Austrittsreferendum ankündigte. Weil Cameron damit überraschend die Wahl gewann, musste er seine Ankündigung umsetzen.
Farage führte Brexit-Partei bis 2021
Das Referendum ging knapp für einen EU-Austritt aus, weil weder die Tories noch die oppositionelle Labour Party vereint für den Verbleib in der Europäischen Union eintraten. Nach turbulenten Verhandlungen mit der Europäischen Union und zwei vorgezogenen Unterhauswahlen wurde der Brexit Ende Jänner 2020 vollzogen.
Farage hatte 2019 die UKIP verlassen und war der damals neu gegründeten Brexit-Partei beigetreten, die er bis 2021 führte. Die Partei benannte sich nach dem erfolgten EU-Austritt Großbritanniens in „Reform UK“ um.
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