Der Österreich-Pavillon präsentiert sich bei der Architektur-Biennale 2023 als Baustelle. Warum? Das erklären die diesjährigen Kuratoren Hermann Czech und das Architekturkollektiv AKT im „Krone“-Interview.
Die Brücke führt ins Nichts - oder zumindest nicht dorthin, wohin sie sollte. Denn ihr Bau wurde bis zum Schluss nicht genehmigt. Wenn die Architektur-Biennale am Samstag offiziell ihre Pforten für die Besucher öffnet, dann ist eine Hälfte des Österreich-Pavillons bewusst als Baustelle belassen, und wird es auch den Rest der Schau sein. Und genau diese Baustelle, besser gesagt, der Baustopp ist nun die zentrale Botschaft der Kuratoren. „Die Leerstelle unterstreicht unsere generelle Kritik, dass etwas am Verhältnis der Biennale zu Venedig nicht stimmt“, ist Architekt Hermann Czech überzeugt, der gemeinsam mit dem 17-köpfigen Architekturkollektiv AKT das Projekt „Partecipazione / Beteiligung“ entwickelte.
Die Biennale nimmt in Venedig immer mehr Raum ein
Im Mittelpunkt stand dabei immer die kritische Betrachtung der Biennale an sich. Seit Jahrzehnten breitet sich die Kulturinstitution immer mehr in der Stadt aus. „Früher fanden begleitende Ausstellungen vor allem in Palazzi, Museen und Kirchen statt - mittlerweile aber werden auch ehemalige Geschäfte, Werkstätten, Büros, ja sogar Wohnungen umfunktioniert“, so das Kollektiv AKT, das stets als eine einzelne Stimme auftritt. „Die Biennale ist als Mieter natürlich um ein Vielfaches lukrativer als Geschäfte oder Handwerksbetriebe. Genau das trägt zum Verschwinden von leistbaren Räumen für Alltagskultur bei.“ In einer Stadt, die ohnehin unter Abwanderung leidet. 1950 hatte Venedig noch 175.000 Bewohner, heute sind es nur noch 50.000. Durch den Fokus auf den Tourismus droht Venedig immer mehr zum Freiluftmuseum zu werden.
„Wir bezweifeln natürlich nicht die grundlegende Bedeutung der Biennale für die Stadt, aber wir wollen die Ambivalenz aufzeigen“, so Czech. „Die Architekturausstellungen der Biennale sind einst angetreten mit der Absicht, sich mit den Problemstellungen Venedigs zu beschäftigen und Lösungsansätze zu erarbeiten. Dieser Grundgedanke ist allerdings mit der Zeit verloren gegangen.“
Einen Teil an Venedig zurückgeben
Die Ursprungsidee von „Partecipazione“ war daher, den Spieß quasi umzudrehen. Statt dass sich die Biennale in der Stadt ausbreitet, „wollten wir Raum an die Stadt zurückgeben, um die Diskussion über die umstrittene Rolle der Biennale genau hier auf sichtbar zu führen“, so AKT.
Dafür wollte man ein Stück der Außenmauer der Giardini aufbrechen, um den Venezianern Zugang zu einem Teil des Österreich-Pavillons zu ermöglichen. Dies wurde von der Biennale und den beteiligten Institutionen allerdings abgelehnt - und so plante man eine Stiegenkonstruktion über die Mauer, um eine Brücke zur Bevölkerung zu schlagen. Doch die führt nun eben aufgrund fehlender Genehmigung ins Leere. „Die Biennale wollte keinen Präzedenzfall schaffen. Wir haben ein Jahr lang wirklich versucht, mit der Biennale in den Dialog zu treten - es ist uns nicht gelungen.“
Die Stadt muss draußen bleiben
Zu viele Diskussionen innerhalb der eigenen Mauern sind, so scheint es, unerwünscht. Stattdessen können die Biennale-Besucher von dem verbliebenen Stiegenturm der Brücke einen Blick auf die Stadt werfen, die draußen bleiben muss.
Ein kritisches Statement für sich, das durch eine mit Forschern und örtlichen Initiativen erarbeitete Ausstellung in der anderen Hälfte des Österreich-Pavillons in Kontext gebracht wird. Passend dazu erscheint auch ein Buch, in dem die Ergebnisse der eineinhalbjährigen Recherche rund um den räumlichen Konflikt zwischen Biennale und Venedig zusammengefasst wurden. Und während der gesamten Laufzeit der Biennale gibt es ein umfangreiches Programm in der ganzen Stadt - u.a. von und für die Bevölkerung. Zumindest so wird ein Brückenschlag vielleicht doch noch möglich . . .
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