Arbeit und Leistung würden Armut verhindern - mit dieser Aussage in der aktuellen Debatte um Teuerung und Armut sorgte Kanzler Karl Nehammer in der Vorwoche für Aufregung. Experten weisen darauf hin, dass viele Menschen trotz Erwerbstätigkeit von Armut betroffen sind. Das am Mittwoch von der Bundesregierung vorgestellte neue Entlastungspaket für finanziell schwächere Familien und Sozialhilfeempfänger hat bei NGOs und Opposition für sanftes Lob - aber auch für zahlreiche weitere Forderungen gesorgt.
Gewürdigt wurde ein „erster wichtiger Schritt“. So zeigte sich Caritas-Präsident Michael Landau erfreut, dass bei dem Paket „endlich Kinder im Fokus stehen und hier Menschen und Familien, die über besonders wenig Einkommen verfügen, besonders zielgerichtet geholfen wird“. Das ist ein erster wichtiger Schritt für Kinder und Familien, ergänzt Klaus Schwertner, Direktor der Caritas Wien. Klar sei aber auch, dass trotz der Erhöhungen und der Maßnahmen viele Menschen und Kinder weiter unter der Armutsgefährdungsschwelle bleiben werden. „Diese heute präsentierten Maßnahmen können also nicht alles sein“, so die Caritas in einer Aussendung.
Ähnlich kommentierte die Diakonie die Maßnahmen: „Die heute auf den Weg gebrachten Unterstützungen für armutsbetroffene Kinder helfen im Alltag der Teuerungen, auch wenn sie eine grundlegende Reform der schlechten Sozialhilfe und eine Verbesserung der Arbeitslosenversicherung nicht ersetzen“. Auch Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger zeigte sich erfreut, betonte aber ebenfalls, dass die Maßnahmen gegen die Teuerung nicht strukturelle Reformen ersetzen - etwa beim Arbeitslosengeld.
Das Rote Kreuz stieß ins selbe Horn: „Die bisherigen Einmalzahlungen der Bundesregierung haben den Betroffenen zwar temporär geholfen, ein nachhaltiger Effekt ist aber nicht zu spüren. Jetzt ist es an der Zeit, dass sich die Politik langfristige Lösungen und Strukturen überlegt“, so die Hilfsorganisation in einer Aussendung.
Als „unzureichend“ bezeichnete das Paket der Gewerkschaftsbund. „Wesentliches fehlt“, sagte ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende Korinna Schumann in einer Aussendung. „Der Familienzuschlag für Arbeitslose ist seit Ewigkeiten nicht valorisiert worden. Zudem muss das Arbeitslosengeld dringend auf 70 Prozent der Nettoersatzrate erhöht werden. Hier braucht es dringend Absicherung gegen Armut.“
AK-Chefin: „Kleines Pflaster auf große Wunde“
Seitens der Arbeiterkammer erklärte Präsidentin Renate Anderl, es sei „gut, dass die Regierung hier in die Gänge kommt“. Sie kritisierte aber u.a., dass das Paket befristet ist. „Es ist ein kleines Pflaster auf eine große Wunde.“ Für nachhaltige Armutsbekämpfung brauche man „mehr als Geld“: „Sachleistungen wie Kinderbildung und -betreuung müssen ausgebaut werden“, so Anderl.
Erfreut zeigte sich WIFO-Chef Gabriel Felbermayr: „Sehr positiv & hilft. Fokus auf Kinder ist genau richtig, weil zielgerichtet“, schrieb er via Kurznachrichtendienst Twitter. „Der nächste Schritt könnte sein, dauerhafte Lösungen zu finden, damit Kinderarmut erst gar nicht entsteht“, sprach auch er strukturelle Reformen an.
SPÖ bedauert: „Wieder kein Markteingriff“
Für die SPÖ verging erneut ein Tag, „ohne dass die Inflation bekämpft wird“, wie Sozialsprecher Josef Muchitsch betonte. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner bemängelte: „Wieder kein Markteingriff, um die Preise zu senken. Wieder versucht die Regierung heute nur, die Symptome zu lindern.“
„Kein Grund zum Feiern“ für FPÖ
„Keinen Grund zum Jubeln“ sah am Mittwoch auch FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Aufgrund der Rekordteuerung seien nicht mehr nur sozial Schwache in ärgster Bedrängnis, sondern immer öfter auch Familien, die dem Mittelstand zuzurechnen waren.
NEOS sehen „treffsichere Hilfen“
Die NEOS lobten, dass die Regierung „diesmal die Gießkanne nicht ausgepackt hat“. Familiensprecher Michael Bernhard sprach von „treffsicheren Hilfen, die wirklich dort ansetzen, wo sie dringend gebraucht werden“. Strukturelle Reformen stehen bei den Pinken aber ebenfalls weiterhin auf der Forderungsliste.
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