Zeuge um Zeuge wird im Amtsmissbrauchsprozess gegen drei ehemalige Beamte des Verfassungsschutzes und einen des Asylamtes befragt. Jetzt sind der „Foltergeneral“, dem die Angeklagten rechtswidrig Asyl gewehrt haben sollen, selbst und der suspendierte Sektionschef im Justizministerium Christian Pilnacek an der Reihe.
„Ich möchte heute nicht aussagen. Ich habe Angst um mein Leben und meine Familie. Ich habe der Staatsanwaltschaft bereits alles gesagt“, gibt der Zeuge immer wieder als Antwort auf Fragen der Richterin. In Wien sagt nun jener syrischer „Foltergeneral“ aus, den die ehemalige BVT-Spitze und ein Beamter des Asylamtes rechtswidrig in Österreich Unterkunft gewehrt haben sollen als Kooperationsvereinbarung für den israelischen Geheimdienst Mossad.
Als Versuch, von dem „Foltergeneral“ - er hat ein eigenes Strafverfahren anhängig - doch noch eine Aussage zu bekommen, wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Denn selbst auf die simple Frage, ob er denn die Angeklagten kennen würde, wiederholt er immer wieder seine einzige Antwort: Er möchte nicht aussagen.
Staatsanwältin bald als Zeugin?
Als die Öffentlichkeit wieder zugelassen wird, überrascht Verteidiger Klaus Ainedter mit einem Beweisantrag: Prompt möchte er die ermittelnde Oberstaatsanwältin selbst im Zeugenstand sehen. Sie hätte ein Naheverhältnis mit einem Zeugen aufgebaut. Seine Angaben seien also „unkritisch“ in die Anklageschrift eingeflossen.
Politik-Prominenz im Saal „eingeschlossen“
Auch der suspendierte Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek wird befragt. Er war bei einer Besprechung über den Aufenthalt einer „eines Kriegsverbrechen verdächtigten Person“ anwesend. Genau wie ein angeklagter Beamter - aber recht „passiv“. Damals hätte das BVT bereits gewusst, dass der General in Österreich ist.
Wie komme ich denn bitte aus diesem Saal?
Christian Pilnacek
Pilnacek verabschiedet sich nach kurzer Aussage, meldet sich aber, als alle im großen Schwurgerichtssaal dachten, dass er schon weg sei, mit der Frage: „Wie komme ich denn bitte aus diesem Saal?“ - er hätte keinen offenen Ausgang gefunden, wurde im Endeffekt hinausbegleitet ...
Kein gutes Haar an Martin W. gelassen
Der erstangeklagte Martin W. - ehemaliger BVT-Abteilungsleiter - war zum Prozessauftakt nicht erschienen. Er sei krankheitsbedingt nicht verhandlungsfähig, würde sich derzeit in Dubai aufhalten. Das Verfahren gegen ihn wurde ausgeschieden.
Ich vermute, dass er einfach überfordert war.
Ex-BVT-Vizechef über Martin W.
Trotzdem ist er in dem Amtsmissbrauchsprozess immer wieder Thema. Der damalige stellvertretende BVT-Direktor zweifelt als Zeuge beispielsweise an der Glaubwürdigkeit von Martin W.: „Die Quelle, dass ich diese Kooperationsvereinbarung gemacht habe, ist Martin W. Das ist sein Storytelling.“ - er sei damals für ihn eingesprungen und nach Israel gereist, den Deal mit dem Mossad aber nicht geschlossen.
An dem ursprünglich Erstangeklagten lässt der Zeuge kein gutes Haar: „Wenn ich drei Abteilungsleiter gehabt hätte, wie Martin W., hätte es sein können, dass ich die Nerven schmeiße.“ Er sei „vielleicht ein bisserl zu schnell die Karriereleiter hinaufgeklettert“ und habe „vielleicht die Demut und den Respekt vor der Verantwortung, die er hatte“ verloren. „Ich vermute, dass er einfach überfordert war“, so der Ex-BVT-Vizechef.
Wegen weiteren Beweisanträgen wird bis 10. Juli vertagt. Mit Urteilen kann erst im September gerechnet werden.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.