Tirols mächtiger Arbeiterkammer-Präsident Erwin Zangerl mutmaßt, dass Tiwag-Kunden schon in den vergangenen Jahren einen erhöhten Strompreis zahlen mussten. Bekanntlich legt er sich mit dem Landesenergieversorger wegen dessen Preispolitik an - Klage inklusive. Zweiter Teil des großen „Krone“-Interviews:
„Krone“: Die Arbeiterkammer hat die Macht und auch die Mittel, die Energieversorger im Notfall vor Gericht zu zerren und will das ja jetzt auch tun. Was ist der Sinn hinter dieser Musterklage?
Erwin Zangerl: Es geht um die nötige Transparenz, die wir dringend einfordern, die uns aber bisher vorenthalten wurde. Die Tiwag hat nun vier Wochen Zeit, dagegen Einspruch zu erheben. Dann sehen wir, wie sie ihre Vorgangsweise begründet. Es geht nicht darum, notwendige Preiserhöhungen zu verhindern. Es geht darum, dass die Tiwag offen sagt, aufgrund welcher zusätzlicher Kosten sie die Preise erhöhen muss. Es geht darum, dass die Tiwag zeigt, weswegen sie den Preis erhöhen muss. Der springende Punkt ist die Transparenz. Und diese scheuen die Energieversorger wie der Teufel was Weihwasser.
Ja, wir sind Vorreiter in dieser Frage. Die anderen Bundesländer warten jetzt wohl erst einmal ab, wie das in Tirol ausgehen wird.
Tirols AK-Präsident Erwin Zangerl
Bild: Birbaumer Christof
Ist die AK Tirol jetzt Vorreiter mit der Klage? Denn eigentlich müsste ja die Bundes-AK alle Landesenergieversorger an die Kandare nehmen. Die haben ja teils noch höhere Preise.
Jeder, auch ich, ist bis jetzt der Argumentation auf den Leim gegangen, dass Tirol den günstigsten Strompreis hat. Jetzt stellt sich heraus, dass die Tiwag mit ihren Preisen bisher schon sehr gut verdient hat. Und dass das nur dazu gedient hat, Gewinne zu machen, die dann irgendwo landen. Ja, wir sind Vorreiter in dieser Frage. Die anderen Bundesländer warten jetzt wohl erst einmal ab, wie das in Tirol ausgehen wird.
Kann sich eigentlich noch jemand auskennen bei der Strompreisbildung - außer vielleicht AK-Experten?
Es waren interne und auch externe Experten nicht imstande, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erklären. Es fanden sich ursprünglich drei Möglichkeiten, wie die Tiwag die Preise erhöhen konnte. Das waren unsere Ausgangspunkte. Dann haben wir das Gutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis war wenig überraschend, selbst der Gutachter hatte Probleme, die Strompreiserhöhungen nachzuvollziehen. Aufgrund der fehlenden Transparenz sind die Strompreiserhöhungen gar nicht zulässig. Anstatt das einzusehen, wurde seitens der Energieanbieter teilweise versucht, die eigenen Mitarbeiter gegen die AK aufzubringen. Das lässt tief blicken. Da liegt schon einiges im Argen. Und jetzt versucht man mit aller Gewalt, die Transparenz zu verhindern und probiert sogar, die AK unter Druck zu setzen. Dem werden wir aber sicher nicht nachgeben.
Landeshauptmann Anton Mattle als Eigentümervertreter sagt, das Aktienrecht verhindere ein Eingreifen bei der Tiwag-Strompreisbildung. Dabei könnte der Aufsichtsrat das doch jederzeit tun.
Natürlich. Das ist jetzt ein Prozess, der langsam greift und der zu Veränderungen führen wird.
Jetzt werden die Stadtwerke Hall und Wörgl gefeiert dafür, dass sie mit dem Strompreis runtergehen. Sie liegen aber immer noch über dem, was die Tiwag auch nach der Erhöhung verlangt.
Das Grundproblem der Gemeindekraftwerke liegt auch wieder im Bereich der Tiwag, weil sie den meisten Anbietern den Strom zu Marktpreisen verkauft. Und das ist der Grund, warum ich sage, wir brauchen eine Tiroler Stromlösung, die tirolweit vernünftige Strompreise sicherstellt. Diesen Antrag werden wir neben jenem der Tiwag-Statutenänderung bei der Vollversammlung kommende Woche einbringen und nach Beschlussfassung ans Land weiterleiten. Dann liegt es am Landtag, einmal der Satzungsänderung und einmal der Tiroler Stromlösung zum Durchbruch zu verhelfen.
Das ist auch eine Tiroler Besonderheit, dass wir sehr viele Anbieter haben.
Tirols AK-Präsident Erwin Zangerl
Bild: Birbaumer Christof
Wie viele Anbieter gibt es denn eigentlich in Tirol?
Das ist auch eine Tiroler Besonderheit, dass wir sehr viele Anbieter haben. Deshalb brauchen wir eine Stromlösung unter Einbindung aller Anbieter. Darum kämpfen wir auch.
Sie haben massiv die „Gierflation“ kritisiert. Welche Reaktionen haben Sie denn erhalten?
Man hat ja an der Reaktion auch der Bundespolitik gesehen, dass die glauben, dass wir alle in Saus und Braus und Luxus leben und auf alles verzichten können. Übersehen wird aber dabei, dass teilweise die Menschen nur noch die Auswahl haben zwischen Essen oder Heizen. Das ist die bittere Realität. Und mit den Zuschüssen ist es so, dass diese leider auch inflationssteigernd wirken. Entscheidend ist, die Preise zu senken. Und Energie ist nun einmal der Haupttreiber neben den Mieten und Lebensmitteln. Wenn man das nicht in den Griff bekommt, wird sich die Inflation auch nicht absenken. Es ist jetzt höchst an der Zeit, dass etwas gemacht wird und passiert. Es müssen Eingriffe erfolgen.
Warum legt sich die AK auf die Strom- und Gaspreise fest und lässt außer Acht, dass etwa der Spritpreis auch nicht in demselben Ausmaß sinkt wie der Ölpreis?
Wir haben bei den Pellets die Bundeswettbewerbsbehörde eingeschaltet, die seit über einem Jahr ermittelt. Wir haben interveniert, was die Fernwärme betrifft. Wir werden auch die Gaspreise unter die Lupe nehmen. Es geht nicht, losgelöst von allem einfach die Preise zu erhöhen und das in einer Krise, in der den Leuten das Wasser bis zum Hals steht. Und ich garantiere allen: Wir werden weiter mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln diese Ungerechtigkeiten bekämpfen.
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