Die G7 stärken bei ihrem Treffen in Hiroshima ihr Sanktionsregime gegen Russland. Russische Diamanten und chinesische Schlupflöcher spielen dabei eine zentrale Rolle. Doch auch die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine soll diskutiert werden.
Die USA, die EU und Großbritannien haben zu Beginn des G7-Gipfels im japanischen Hiroshima neue Sanktionen gegen Russland verkündet. So kündigten EU-Ratspräsident Charles Michel und der britische Premierminister Rishi Sunak am Freitag unter anderem Sanktionen gegen den russischen Diamantenhandel an.
Auch die USA gaben bekannt, ein neues Paket mit Sanktionen zu schnüren. Geplant sei unter anderem, etwa 70 Unternehmen und Organisationen aus Russland und anderen Ländern von US-Exporten abzuschneiden, sagte ein Regierungsvertreter in Hiroshima.
Selenskyj nimmt an G7-Gipfel teil
Russlands Krieg gegen die Ukraine gehört zu den Hauptthemen des dreitägigen Treffens, das am Freitag begann. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt persönlich am Gipfel der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten demokratischen Industrieländer teil, wie Kiew bestätigte.
Dem Verbund gehören Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten an.
Die G7-Staaten beraten auch, wie die Umgehung bestehender Sanktionen verhindert werden kann. Ziel sei es, das Sanktionsregime so weiterzuentwickeln, dass dies unmöglich sei.
China im Fokus
Der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sprach davon, Umgehungsnetzwerke auszuschalten und Schlupflöcher zu schließen.
Unter anderem wird chinesischen Unternehmen vorgeworfen, Güter aus der EU weiter nach Russland zu liefern, die zur Kriegsführung genutzt werden könnten. Die EU-Kommission hatte jüngst vorgeschlagen, die rechtliche Möglichkeit zu schaffen, ausgewählte Exporte von militärisch nutzbaren Gütern in bestimmte Drittstaaten einzuschränken.
Einige EU-Staaten fürchten chinesische Vergeltung
Nach Angaben von Diplomaten wird der Vorstoß allerdings bei weitem nicht von allen EU-Staaten uneingeschränkt positiv bewertet. Als Gefahr gilt demnach, dass Mitgliedstaaten wegen möglicher Vergeltungsmaßnahmen am Ende nicht den Mut oder den Willen haben könnten, Länder wie China auf eine solche Liste zu setzen. Für Deutschland war China in den vergangenen sieben Jahren der wichtigste Handelspartner.
Schon bevor die Staats- und Regierungschefs sich am Freitag an einen Tisch setzten, kündigten die USA und Großbritannien neue Strafmaßnahmen gegen Russland und dessen Unterstützer an. Jetzt soll der milliardenschwere Rohstoffhandel Moskaus weiter eingeschränkt werden. Großbritannien kündigte auch ein Importverbot für Kupfer, Aluminium und Nickel aus Russland an.
Dazu soll sichergestellt werden, dass über Länder wie Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate gehandelte Edelsteine auch nach ihrem Weiterverkauf noch als russische Diamanten erkennbar sind. In der EU sei der Handel mit russischen Diamanten schon jetzt durch freiwillige Selbstverpflichtungen um etwa 80 Prozent zurückgegangen, hieß es.
Russlands milliardenschwerer Diamanthandel
Der Diamantenhandel ist für Russland eine nennenswerte Einkommensquelle. Jüngste Zahlen der staatlichen Diamantenförderer Alrosa aus dem Jahr 2021 zufolge erzielte das Unternehmen 332 Milliarden Rubel (rund 4 Milliarden Euro) Einnahmen. Russland gilt als weltweit größter Produzent von Rohdiamanten.
Bisher hat die EU den Handel allerdings nicht eingeschränkt. Als ein Grund galt bisher unter anderem der Widerstand aus Belgien. Die flämische Hafenstadt Antwerpen gilt seit dem 16. Jahrhundert als Diamantenzentrum der Welt.
EU-Ratspräsident: „Russische Diamanten sind nicht für immer“
Bis Sonntag wollen alle G7-Staaten Maßnahmen auf den Weg bringen, um den Export von Rohdiamanten aus Russland - weltweit größter Produzent - einzuschränken. Eine entsprechende Gipfelerklärung soll beschlossen werden. „Wir werden den Handel mit russischen Diamanten einschränken“, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel am Rande G7-Gipfels. In Anspielung auf den James Bond-Film „Diamonds Are Forever“ fügte er hinzu: „Russische Diamanten sind nicht für immer.“
Auch über weitere militärische Hilfe für die Ukraine werden die Staats- und Regierungschefs beraten. So ist die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine nach Angaben von EU-Ratspräsident Michel ein Thema. Der US-Nachrichtensender CNN hatte berichtet, die Regierung von US-Präsident Biden habe europäischen Verbündeten in den vergangenen Wochen signalisiert, dass die USA es ihnen gestatten würden, F-16-Kampfflugzeuge in die Ukraine zu liefern.
Biden will sich nicht für Hiroshima entschuldigen
Zum Auftakt gedachten die Teilnehmer des US-Atombombenabwurfs vom 6. August 1945, der im Zweiten Weltkrieg die japanische Stadt praktisch dem Erdboden gleichgemacht hatte. Auch US-Präsident Joe Biden legte einen Kranz nieder. So wie der frühere US-Präsident Barack Obama, der den Friedenspark von Hiroshima 2016 besucht hatte, wollte er sich beim G7-Gipfel nicht für den Atombombenabwurf seines Landes entschuldigen.
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