Im Burgenland gibt es immer mehr alleinerziehende Mütter, die mit ihrem Nachwuchs auf der Straße landen. Zuflucht finden sie in den Mutter-Kind-Häusern der „Caritas“.
Eine stabile Kindheit kann sich negativ auf das ganze Leben auswirken. Bei Jennifer Borek (29) war es so. Die gelernte Köchin stand bereits mehrere Male vor den Trümmern ihrer Existenz. Erst mit Unterstützung des Jugendamtes und der Caritas gelingt es ihr allmählich, sich ein eigenständiges Leben aufzubauen. Aber alles der Reihe nach.
Borek wuchs als Sandwichkind in Müllendorf auf. Weil ihre Eltern mit der Erziehung überfordert waren, landete sie zuerst bei ihrer Oma und dann in der Obhut ihrer Tante. Nach Abschluss ihrer Lehre finanzierte sich Borek als Verkäuferin ihr Leben und lernte den Vater ihrer Kinder Sascha (5) und Olivia (4) kennen. „Als er gewalttätig wurde, zog ich ins Frauenhaus und ließ mich scheiden. Weil ich ohne Auskommen war, wurden die Kinder ihm zugesprochen“, erzählt sie.
Basale Dinge lernen
Um ihrer emotionalen Notlage zu entkommen, flüchtete sie sich in eine neue Beziehung. Keine vier Monate später war sie erneut schwanger, verlor dieses Kind jedoch in der 17. Woche: „Daraufhin begann mein damaliger Freund zu trinken und schoss mit Gewehren in der Gegend herum. Das machte mir solche Angst, dass ich mich trennte und das Jugendamt um Hilfe anflehte.“
Als Borek bemerkte, dass sie zu diesem Zeitpunkt Töchterchen Annalena erwartete, landete sie im Mutter-Kind-Haus der Caritas in Wimpassing an der Leitha. Dort fand sie den ersehnten Halt, arbeitete im Rahmen einer Psychotherapie ihr Kindheitstrauma auf und lernte basale Dinge fürs tägliche Leben - wie Kochen oder den Umgang mit Geld. „Außerdem erklärte mir meine Sozialberaterin Dora Windisch, warum es so wichtig ist, auf eigenen Beinen zu stehen“, sagt Borek.
Inzwischen lebt die junge Frau in einer günstigen Wohnung in Weppersdorf. Die Anzahlung des Genossenschaftsanteils hat die Caritas über das Projekt „Zuhause ankommen“ übernommen. Noch ist Borek in Karenz, doch schon jetzt streckt sie die Fühler nach einer neuen Anstellung aus: „Ich würde gerne Teilzeit als Verkäuferin arbeiten. Dann kann ich auch meine Aufgaben als Mutter gut erfüllen. Mein jetziger Partner Roman König (44) arbeitet bei der Post und unterstützt mich bei der Jobsuche.“
„Nacherziehung ist notwendig“
„Krone“: Frau Windisch, Sie sind Sozialarbeiterin und leiten das Mutter-Kind-Haus in Wimpassing an der Leitha. Was lernen die Frauen während Ihres Aufenthaltes bei Ihnen?
Dora Windisch: Die meisten Frauen, die zu uns kommen, sind noch recht jung. Sie kommen aus Familien, in denen der Rückhalt fehlte. Deshalb müssen sie sozial „nacherzogen“ werden. Wir lehren sie alltägliche Dinge wie: Wie wickle und füttere ich mein Kind? Wie teile ich mir meine Finanzen ein, damit ich auch noch am Ende des Monats Essen einkaufen gehen kann? Wie stabilisiere ich mich selbst und werde ich fit fürs Leben? Dieses Phänomen ist recht neu. Die meisten Frauen bleiben bis zu einem Jahr bei uns.
Begleiten Sie auch ältere Frauen?
Ja, aber seltener. Ältere Klientinnen können sich oft besser versorgen als jüngere. Doch auch sie können nach Schicksalsschlägen wie Scheidungen, Jobverlust, Krankheiten, Delogierungen ecetera mit ihren Kindern auf der Straße landen.
Warum geraten Frauen in solche Situationen?
Viele von ihnen sind auf sich allein gestellt und verfügen über kein soziales Netzwerk. Es gibt aber auch immer mehr junge alleinerziehende wohnungslose Väter, die nicht mehr wissen, wo sie mit ihren Kindern hinsollen. Deshalb sollte die Hilfe für Alleinerzieher im Burgenland dringend ausgebaut werden.
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