300.000 Tiroler Stromkunden flatterte jüngst eine Hiobsbotschaft ins Haus. Im Juni warten die Stromversorger Tiwag und IKB mit einer saftigen Preiserhöhung auf. Das regt auf. Aber nicht nur das! Das 15 Seiten umfassende Schreiben ist für „Otto Normalverbraucher“ kaum zu entschlüsseln. Viele suchen Rat bei der Arbeiterkammer.
15 Seiten lang ist der Brief, den 220.000 Kunden des Tiroler Stromversorgers Tiwag zugestellt bekamen. Kein Liebesbrief, sondern eine Hiobsbotschaft über eine saftige Preiserhöhung für Stammkunden ab Juni. Auch 80.000 IKB-Stromabnehmer haben Post mit gleich unerfreulichem Inhalt erhalten. Einen neuen, deutlich teureren Strompreis als früher akzeptieren, im alten Vertrag mit einem noch höheren Preissprung bleiben, oder kündigen – drei Optionen, keine davon attraktiv.
An Spitzentagen 450 Anrufe bei AK-Hotline
Fragen über Fragen, mit denen nun die Mitarbeiter der eigens von der AK eingerichteten Strompreis-Hotline konfrontiert sind. Die wurde am 3. Mai freigeschaltet - und gestürmt. Am Anfang wurden 450 Anrufer pro Tag gezählt. Jetzt habe sich die Zahl auf einem hohen Wert von 200 am Tag eingependelt, berichtet Domenico Rief, Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung in der AK Tirol.
Dass die Stromanbieter eine saftige Preiserhöhung (Anm. netto mehr als 100 Prozent) mit einem kaum verständlichen Schreiben kundtun, regt auf. „Viele sind überfordert, wissen nicht, was die Tiwag eigentlich von ihnen will und warum sie jetzt auf einmal einen neuen Vertrag akzeptieren sollen“, beschreibt Rief die Stimmung.
Einige tendieren dazu, im alten Vertrag zu bleiben. Andere werden wohl aus Unwissenheit die Frist versäumen und damit ebenfalls den im Vergleich etwas günstigeren Tarif mit Aktionsbonus verpassen.
Domenico Rief von der AK Tirol
Welcher Vertrag ist das kleinste Übel?
Was die Tiwag will, kann der Fachmann rasch erklären: Der Stromversorger möchte, dass die Kunden in den neuen Vertrag wechseln. Nicht zuletzt, um möglichen Klagen vorzubeugen. Für die meisten Kunden dürfte der neue Vertrag laut AK das kleinste Übel sein. „Einige tendieren jedoch dazu, im alten Vertrag zu bleiben. Andere werden wohl aus Unwissenheit die Frist versäumen und damit ebenfalls den im Vergleich etwas günstigeren Tarif mit Aktionsbonus verpassen“, fürchtet Rief.
Diese Kunden müssen dann auf mögliche Klagen hoffen. Wie groß die Erfolgschancen sind, das traut sich Rief nicht zu prognostizieren. Das werde nicht zuletzt vom Ergebnis der aktuell von der AK Tirol eingebrachten Klage für Transparenz abhängen.
Bisher 13.000 Anfragen direkt bei Tiwag
Die „Krone“ hat auch bei der Tiwag nachgefragt, wie viele Kunden wegen des jüngsten Schreibens und der bevorstehenden Strompreiserhöhung Fragen haben. Laut Auskunft der Presseabteilung sind seit 2. Mai knapp 13.000 telefonische Anfragen im Service Center eingegangen. „Die Stimmungslage ist positiv“, heißt es. Nach erfolgter Beratung würden sich praktisch 100 Prozent für einen Wechsel in das neue Produkt entschließen. Die durchschnittliche Wartezeit bei der Tiwag-Hotline liegt aktuell bei rund 34 Sekunden, die Beratungszeit bei etwa 2,5 Minuten.
Drei Optionen, aber keine davon ist attraktiv
Die Stromkunden haben die Qual der Wahl. Wer kündigt, braucht einen neuen Stromlieferanten. Die AK rät zum Preisvergleich mit dem Tarifkalkulator der E-Control. Fakt ist: die Tiwag gehört immer noch zu den günstigsten Anbietern. Abgeraten wird von Floater-Tarifen, bei denen Preisschwankungen sofort an die Kunden weitergegeben werden.
Wer das neue Angebot mit 22,68 Cent/kWh (Bruttoarbeitspreis inkl. Aktionsbonus) akzeptiert, muss den Lieferantrag fristgerecht unterschrieben zurückschicken. Bis Mitte 2024 gilt eine Preisobergrenze, günstiger ist aber möglich. Die AK rät aufgrund der Risiken beim Verbleib im Altvertrag eher zum Umstieg auf den neuen Vertrag oder zu einem Anbieterwechsel, sofern ein entsprechend gutes Angebot vorliegt.
Wer im alten Vertrag bleibt, akzeptiert 25,08 Cent/kWh. Sollten mögliche Klagen wegen ungerechtfertigter Preiserhöhung Erfolg haben (ist aber ungewiss), könnten in erster Linie Kunden mit Altvertrag profitieren. Es besteht aber die Gefahr, dass diese bei Klagseinbringung gekündigt werden (wie in Vorarlberg passiert) und der Bonus weg ist.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.