15 Monate

Bedingte Haftstrafe für Ex-Ministerin Karmasin

Österreich
23.05.2023 15:34

Seit 9.30 Uhr sitzt Sophie Karmasin (56) sichtbar angespannt und mit versteinerter Miene auf der Anklagebank im Wiener „Landl“. Emotional wurde sie gegen Schluss doch noch. In ihrem Schlussstatement lässt die von der ÖVP nominierte frühere Familienministerin Dampf an Sabine Beinschab ab. Die CASAG-Kronzeugin hatte sie letzte Woche schwer belastet. Das Schöffengericht verurteilte Karmasin zu 15 Monaten Haft - setzte die Strafe allerdings auf drei Jahre auf Bewährung aus (nicht rechtskräftig).

Mehr Licht als in der Vorwoche, dafür diesmal eiskalte Stimmung im Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Landesgericht. Zum einen, weil die Klimaanlage auf der höchsten Stufe aufgedreht ist. Vor allem aber, weil die Atmosphäre zwischen der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern am Tiefpunkt ist. Kurz vor 14 Uhr starteten die Schlussplädoyers. Gegen 16 Uhr wandte sich noch einmal die Angeklagte an die Schöffen.

Mit starrer Miene lässt Sophie Karmasin den Prozess über sich ergehen. (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Mit starrer Miene lässt Sophie Karmasin den Prozess über sich ergehen.

Karmasin: „Sie braucht nicht die Arme zu spielen“
„Frau Beinschab hat sich als Opfer inszeniert. Sie braucht nicht die Arme zu spielen“, leitet Karmasin ein, „Ich habe sie aufgefangen, als sie jede Woche weinend in mein Büro kam und meine Mutter überredet, sie zu beschäftigen. Sie hat sehr gut aus diesen Aufträgen verdient. Es müsste eine Million Euro gewesen sein. Jetzt zeichnet sie ein Bild von mir, das so nicht stimmt“, führt die Meinungsforscherin fort. „Ich nehme zur Kenntnis, dass einige hier gegen mich ausgesagt haben, aber jeder einzelne hatte einen Grund dafür."

Sophie Karmasin auf dem Weg in den Gerichtssaal (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Sophie Karmasin auf dem Weg in den Gerichtssaal
Kronzeugin Sabine Beinschab belastete ihrer frühere Chefin schwer. (Bild: Zwefo)
Kronzeugin Sabine Beinschab belastete ihrer frühere Chefin schwer.

Tätige Reue war rechtzeitig
Laut Anklage hat die frühere Bundesministerin Sophie Karmasin nach ihrem Ausscheiden aus der Politik widerrechtlich Bezugsfortzahlungen bezogen. „Die Beweismittel zeichnen ein eindeutiges Bild und lassen keinen Zweifel.“, so Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic von der WKStA. „Na gut, dann werde ich halt nichts verdienen“, schrieb die Angeklagte damals zurück. Obwohl sie laut WKStA längst wieder tätig war. Zur Verschleierung hätten Scheinrechnungen gedient.

In diesem Faktum wurde Karmasin aber freisgesprochen, die Strategie ihrer Verteidiger Norbert Wess und Philipp Wolm ging auf: „Sie hatten keinen Anspruch auf Bezugsfortzahlungen, das ist unzweifelhaft dokumentiert“, führte Richter Patrick Aulebauer aus. „Der Vorsatz ist so eindeutig, wie wir es hier selten haben“. Allerdings wurde ihr durch die gerade noch rechtzeitige, vollständige und freiwillige Rückzahlung tätige Reue zugestanden. Schuldig gesprochen wurde Karmasin indes zum Vorwurf der illegalen Preisabsprachen in Bezug auf Studien für das Sportministerium. 

Sophie Karmasin mit ihren Anwälten Philipp Wolm und Norbert Wess (re.) (Bild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com)
Sophie Karmasin mit ihren Anwälten Philipp Wolm und Norbert Wess (re.)

27.000 Euro zu viel zurückbezahlt
„Ich bin zutiefst überzeugt, dass strafrechtlich Frau Doktor Karmasin kein Vorwurf gemacht werden kann“, leitet indes ihr Anwalt Norbert Wess sein Schlussplädoyer ein. Aus seiner Sicht wurde die tätige Reue „nicht nur rechtzeitig, sondern freiwillig und nicht nur vollständig, sondern übervollständig“ geleistet. Denn Karmasin habe sogar 27.000 Euro zu viel zurückbezahlt, die die Republik als Lohnsteuer einbehalten hatte. Auch in Bezug auf die illegalen Preisabsprachen sieht Wess den Tatbestand nicht erfüllt: „Alle im Ministerium waren eingebunden. Es gab gar keinen Wettbewerb, es gab kein Vergabeverfahren.“

Urteilsverkündung nach Beratung des Schöffengerichts 
Für Aufsehen sorgte in dem viertägigen Prozess die Zeugenaussage von CASAG-Kronzeugin Sabine Beinschab. Die Meinungsforscherin belastete ihre frühere Chefin Karmasin, die sie als ihr „großes Vorbild“ bezeichnete, schwer. Nach der Beratung des Schöffengerichts wurde schließlich das Urteil verkündet - 15 Monate bedingt. Der mitangeklagte Beamte aus dem Sportministerium wurde freigesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Der Richter begründete das Urteil unter anderem damit, dass Karmasin in ihren Aussagen weniger glaubwürdig gewesen sei als die Zeugen. Die Laienrichter hatten übrigens an keinem der Verhandlungstage Fragen gestellt.

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