Die Freilassung von Schleppern in Ungarn sorgt für Spannungen zwischen Wien und Budapest. Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl, der Viktor Orban Anfang Mai noch als „Vorbild für viele in Europa“ bezeichnet hatte, distanziert sich mittlerweile vom ungarischen Regierungschef. Diese neuen (kritischen) Töne hält die ÖVP wiederum für „unglaubwürdig“. Sie bezeichnet den blauen Frontmann - auch aufgrund vergangener wechselnder Positionen bei bestimmten Themen - als „Fahne im Wind“.
Kickl bezeichnete am Montag die ungarischen Freilassungen von ausländischen Schleppern als „unverständlich und inakzeptabel“. Die Maßnahme stehe „in Widerspruch zu unserem Konzept zum Schutz Österreichs vor Asylmissbrauch“.
Kickl und Orban: Erste Risse in Polit-Freundschaft
Die ÖVP kauft Kickl die scheinbare Wandlung in Sachen Orban und Ungarn nicht ab, zumal Kickl Anfang Mai vor dem Kongress der Konservativen in Budapest ausschließlich Lobeshymnen für Orbans Asylpolitik hatte.
„Plötzlich erzürnt über politisches Vorbild“
„Regelmäßig sind Kickl und seine blauen Parteifreunde ausgerückt, um ungarische Verhältnisse in Österreich zu fordern. Jetzt, da Ungarn entgegen der bisherigen Linie Tausende Schlepper freilässt, ist die FPÖ angeblich plötzlich ganz erzürnt über ihr großes politisches Vorbild in Budapest. Diese Linie ist vollkommen unglaubwürdig und zeugt ausschließlich vom politischen Opportunismus, den Kickl an den Tag legt“, kritisierte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker am Dienstag.
„Geisteshaltung zieht sich wie ein roter Faden durch seine Biographie“
Die opportunistische Geisteshaltung Kickls ziehe sich laut Stocker „wie ein roter Faden durch seine politische Biographie“. Stocker: „War er erst für Total-Lockdowns in der Pandemie, wechselte er wie eine Fahne im Wind auf die Seite der Maßnahmengegner und Verharmloser. War Orban vor Kurzem noch sein großer Lehrmeister, ist er heute angeblich ein rotes Tuch. Kickl ging und geht es nie um politische Prinzipien und Standpunkte. Es geht ihm um sich selbst, um sein politisches Fortkommen, aber sicher nicht um die Menschen und das Land.“
Es ist an der Zeit, dass diese Ich-Bezogenheit entlarvt wird. Es handelt sich um Populismus, mit dem den Menschen Sand in die Augen gestreut wird. Absolute Unverlässlichkeit zeichnet Herbert Kickl aus.
Christian Stocker, ÖVP-Generalsekretär
Schallenberg zitierte ungarischen Botschafter ins Außenamt
Die frühzeitige Freilassung von verurteilten Schleppern in Ungarn sorgt neuerdings für Spannungen zwischen Wien und Budapest. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zitierte den ungarischen Botschafter dazu ins Außenamt. Ungarns Innenminister Sandor Pinter soll in einem Telefonat mit seinem österreichischen Amtskollegen Gerhard Karner (ÖVP) um Beruhigung bemüht gewesen sein und Berichte von bis zu 2500 freigelassenen Schleppern bestritten haben. Es sollen nur einige Hundert mit kleineren Strafen aus dem Gefängnis entlassen worden sein.
Harte Strafen für Menschenschmuggel
Das ungarische Strafrecht sieht an sich langjährige Haftstrafen von zwei bis 20 Jahren für Menschenschmuggel vor. Gemäß einer Verordnung von Orban werden nun inhaftierte Schlepper aus dem Ausland freigelassen, wenn sie Ungarn innerhalb von 72 Stunden verlassen.
Gewerkschaft wirft Innenminister Verschleierung vor
Die rote Polizeigewerkschaft warf Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und der ÖVP Scheinheiligkeit vor. Über 80 Prozent der gefassten Schlepper in Österreich würden auf freiem Fuß angezeigt werden und können damit davonlaufen. „Wir machen das Gleiche wie Ungarn. Nur macht es Orbán offiziell, und wir verschleiern die Tatsachen“, sagte Hermann Greylinger von der FSG zur „Krone“. Das Innenministerium wies diese Behauptung als unwahr zurück.
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