„Krone“-Reporter Robert Fröwein flaniert durch die Stadt und spricht mit den Menschen in Wien über ihre Erlebnisse, ihre Gedanken, ihre Sorgen, ihre Ängste. Alltägliche Geschichten direkt aus dem Herzen Wiens.
Wie auch immer man diese Thematik sieht, eines steht jedenfalls fest: die Tätigkeiten der Klimakleber spalten das Land. Die einen sehen sie als Querulanten und Tagediebe, andere loben die Aktionen als dringend notwendige Symbolpolitik, um endlich Änderungen in der Klimadebatte umzusetzen. Österreich liegt bei den Klimaziel-Auswertungen zumeist weit hinten und die heimischen Parteien ergehen sich lieber in kleinkariertem Hickhack, anstatt die Probleme als solche zu sehen, in die Hand zu nehmen und das Land zukunftsfit zu machen. Sich an neuralgischen Stellen wie Ring, Gürtel oder diversen Brücken festzukleben, werde aber auch nicht zwingend eine Änderung herbeiführen, ist Georg überzeugt.
Der Mittvierziger ist seit einigen Jahren Flughafentaxler. Da die Kunden aus seiner Erfahrung heraus meist kurz vor knapp sein Service bestellen, ist der Transfer von einem beliebigen Punkt der Stadt bis hinaus zum Flughafen schon per se ein Spießrutenlauf. Picken sich nun Demonstranten an neuralgischen Verkehrsknotenpunkten fest, dann sinkt die Chance, den Flieger zu erreichen, auf ein Minimum ab. „Wir wissen, an welchen Tagen die Klimakleber aktiv sein werden und dass sie meist gegen 7 oder 8 Uhr morgens anfangen“, so Georg, „aber wir haben im Vorfeld keine Ahnung, wo das sein wird.“ Doch auch auf die Uhrzeit sei kein Verlass mehr. „Unlängst waren sie gegen 13 Uhr aktiv und die Autos sind über die Gehsteige ausgewichen. Das ist aber nicht immer möglich.“
Dass Georg noch jeden Kunden zeitgerecht ans Ziel gebracht hat, grenzt an ein Wunder. „Ich bin selbst ganz überrascht davon, aber irgendwie kam ich immer davon. Oder ich hatte eben Kunden abzuholen, die während meiner Schicht zu genau dieser Zeit fernab der Kleber waren.“ Die Klimakleber-Aktionen hätten bei den Fahrgästen aber einen kleinen Umschwung gebracht. „Ich frage die Leute bei der Fahrt immer, wann ihr Flieger startet und mir fällt schon auf, dass sie allgemein etwas mehr Sicherheitspolster einplanen, was man ja eigentlich sowieso tun sollte“, wie er lachend hinzufügt. In seinem Unternehmen hätte noch kein Gast einen Flug aufgrund von Klimademonstranten verpasst. „Wenn aber doch, dann frage ich mich, wer dafür aufkommt? Wir können ja auch nichts dafür.“
Georg gehört aber nicht zu jenen Menschen, die diese Aktionen ausschließlich verteufeln. „Mir ist schon bewusst, was der Sinn dahinter ist und mir ist auch bewusst, dass wir etwas tun müssen. Schau dir an, wie heiß es in den Sommern bereits ist und wie rundum die Seen austrocknen. Man kann nicht einfach so weitermachen, als wäre nichts.“ In seinem Job steckt er im Zwiespalt, doch er sieht durchaus Potenzial, die Dinge auch im Kleinen zu verändern. „Wenn ich nicht arbeite, dann fahre ich in der Stadt öffentlich. Ich habe auch privat ein Auto, aber wenn ich in Wien etwas erledigen will, bin ich damit garantiert langsamer als mit anderen Verkehrsmitteln.“ Außerdem würden die von Klebern verursachte Staus kontraproduktiv sein. „Wenn die Leute dann ihre Motoren laufen lassen, hast du wahrscheinlich noch mehr CO2-Belastung als sonst.“
Weit mehr als die Klimakleber an sich nervt Georg das Drumherum. „Da inszenieren sich Schaulustige und stehen herum, während sie Bier trinken und eine Party feiern. So kannst du von den Leuten nicht ernst genommen werden.“ Als Familienvater ist es ihm nicht egal, wie sich die Welt in Zukunft weiterdreht. „Es ist sehr kurzsichtig, wenn man glaubt, dass man einfach so weiter tun kann. Die jungen Menschen, die demonstrieren und kleben, sind verzweifelt, weil ihnen keiner zuhört. Es trifft aber im Alltag die Falschen. Jene, die zur Arbeit müssen oder nichts groß daran ändern können. Ohne politische und wirtschaftliche Entscheidungen wird nichts passieren.“ Bis dahin wird aber wohl weiterhin Symbolpolitik nötig sein.
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