Mit zig Millionen Infektionen pro Woche rollt gegenwärtig eine neue Corona-Welle durch China. Die Zahl der Ansteckungen steigt seit Wochen stetig an. Allein in Peking ist Covid-19 seit vier Wochen wieder das vorherrschende Virus unter allen Infektionskrankheiten, wie die Gesundheitskommission der Hauptstadt am Freitag mitteilte. Schulen in einigen Teilen Chinas wurden aufgefordert, wachsam zu sein und Vorbeugungsmaßnahmen zu ergreifen.
Der führende chinesische Epidemiologe Zhong Nanshan erwartet für Ende Juni mit rund 65 Millionen Neuinfektionen pro Woche den Höhepunkt der Welle. Der Anstieg sei „erwartet“. Nanshan geht laut Staatsmedien von gegenwärtig rund 40 Millionen Infektionen wöchentlich aus. Experten wiesen auf die nachlassende Immunität nach der massiven Corona-Welle im Dezember und Jänner hin, als sich nach vagen Schätzungen 80 bis 90 Prozent der 1,4 Milliarden Chinesen infiziert hatten.
Krematorien überfordert
Amtliche Daten zur Zahl der Toten im Winter liegen nicht vor. Schätzungen ausländischer Experten gehen von rund einer Million aus. Das Verwaltungsministerium verschob nach Medienberichten die am Mittwoch erwartete reguläre Veröffentlichung zur Zahl der Sterbefälle im vierten Quartal 2022. Wegen der vielen Corona-Toten waren die Krematorien überfordert gewesen.
Andere Staaten sind wachsam, ob die Welle auf sie überschwappt. Ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte am Mittwoch, dass man die Berichte über eine zweite Welle von Covid-Fällen in der Volksrepublik beobachte. Man arbeite in globalen Gesundheitsfragen weiterhin zusammen.
Nach knapp drei Jahren hatte Chinas Regierung Anfang Dezember ihre strenge Null-Covid-Strategie mit Lockdowns, Zwangsquarantäne und Massentests abrupt aufgegeben - ohne dass Krankenhäuser darauf vorbereitet waren. Eine ähnlich große Welle wie damals wird jetzt nicht erwartet, doch warnten die Gesundheitsbehörden, dass weiterhin ältere und kranke Menschen besonders gefährdet seien.
Neue Variante breitet sich schnell aus
Vorherrschend sei die XXB-Omikron-Variante, die sich schneller verbreite und leichter der Immunabwehr entkomme. Es gebe aber keine wesentlichen Veränderungen im Krankheitsverlauf. Wer im Winter infiziert gewesen sei, könne bei einer neuerlichen Ansteckung mit milderen Symptomen rechnen, meinten Experten in Staatsmedien. Diese hatten die „besorgniserregende“ Welle in den vergangenen Tagen noch heruntergespielt, kritisierte der US-Epidemiologe Eric Feigl-Ding auf Twitter.
Kritiker wiesen darauf hin, dass die Impfkampagne seit dem Winter nicht mehr intensiv vorangetrieben wurde. Die Behörden berichteten, zwei Impfstoffe seien jetzt zugelassen worden, um speziell gegen die XXB-Variante vorzugehen. Wann sie auf den Markt kommen, ist aber unklar. Es hieß nur: „bald“. Moderne mRNA-Impfstoffe aus dem Ausland sind in China weiterhin nicht zugelassen. Dagegen seien weder in der EU noch in den USA Impfstoffe gegen den XXB-Stamm vorhanden, betonte Epidemiologe Feigl-Ding.
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