Sexuelle Übergriffe im Sport: Elfriede Jelinek macht daraus das Stück „Schnee Weiß“, das in den Linzer Kammerspielen Premiere hatte. Regisseurin Katrin Plötner lässt ein spielwütiges Damenteam über die Textlawine wedeln.
Es passt vielleicht nicht gerade zur Jahreszeit, der (schwarze) Schneehügel aus dem sich im ersten Bild die Damenköpfe recken. Bald weiß man: Das sind unsere Skiasse oder modernen Gladiatorinnen auf zwei Brettln. Und sie klagen, aber: „Niemand hat etwas gemerkt!“
Wahre Hintergründe
Das wird von Anfang an beschworen und so taucht man ein in das Poem „Schnee Weiß (Die Erfindung der alten Leier)“ und den Skandal, den Elfriede Jelinek aus dem blendend sauberen Spitzensport unter einer schier endlosen Textlawine gnadenlos herausseziert.
Der Anlass für das Stück waren die Missbrauchsvorfälle und –würfe gegen den Trainerstab des österreichischen Skiteams, virulent geworden durch Aussagen von Nicola Werdenigg unter ihrem Geburtsnamen Spiess, Vierte im Abfahrtslauf bei den Olympischen Spielen 1976.
Jesus und der Sport
Nun hat Regisseurin Katrin Plötner ein spielwütiges Damenteam zur Hand, das sie nach dem ersten dunklen Bild durch allerlei schneeaffine Pistenszenen (Bild: Anneliese Neudecker) jagt. Jelinek steckt nicht nur einen Slalom durch die patriarchale Struktur des Skizirkus aus, sondern auch durch die fast ideologische Verbindung von Sport und Religion.
Engel und Hüttengaudi
Plötners Tempo in der Regie und ihre szenischen Einfälle lösen das Konzept vollends ein. Sie wagt sich in die Groteske, lässt die Damen am Hang rutschen, verquickt Engel mit Fäusten und Schnaps auf der Alm mit Kasperltheater. Oder sie lässt Jesus durch das Bild schaukeln. Aber ohne die wunderbaren Kostüme von Johanna Hawlica würde die Rechnung nicht aufgehen.
Herausragend in dieser Inszenierung in den Kammerspielen am Landestheater Linz: Cecilia Pérez, Katharina Hofmann, Lorena Emmi Mayer, Theresa Palfi, Nataya Sam, Angela Waidmann und Eva-Maria Aichner. Eine gewaltige, geglückte Aufführung!
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