Im Bann des Orpheus ist nicht nur Pfingstfestspielchefin Cecilia Bartoli, die dieses Jahr fast das ganze Festival um seine Figur gesponnen hat. Auch Choreographen-Legende John Neumeier - seines Zeichens dienstältester Ballett-Chef der Welt - ist dem Mythos erlegen. Seit Ende der Siebziger hat er sich insgesamt schon viermal mit dem Stoff beschäftigt, nach Salzburg kommt er zu Pfingsten mit seiner dritten Bearbeitung von Glucks Oper.
Der Komponist erarbeitete zwölf Jahre nach der Uraufführung 1762 eine auf den damaligen Pariser Geschmack zugeschnittene Fassung mit dem Titel „Orphee et Eurydice“. Neben einigen musikalischen Anpassungen ergänzte er dafür auch zahlreiche Ballettszenen und eben jene Bearbeitung hat Neumeier genommen, um seine eigene Version zu schaffen, für die er das tut, was er am besten kann: Klassisches Ballett mit modernen, zeitgemäßen Formen zu verbinden und dabei die Handlung in seiner eigenen Welt, dem Ballettsaal verorten.
Bei ihm ist Orphée ein Choreograf und seine Frau Eurydice Tänzerin in dessen Produktion, die sie nach einem Streit auf der Probe wütend verlässt und bei einem Autounfall ums Leben kommt. Zum ersten Mal ist Neumeier hier neben der Choreographie auch noch für die Inszenierung, das Bühnenbild und die Kostüme verantwortlich – und auch für die Handlung, denn er transportiert sie nicht nur in die Gegenwart, er gönnt den Liebenden im Gegensatz zu Gluck auch ein Happy End. Wie das genau aussieht, wird sich bei der Aufführung am heutigen Abend zeigen.
Ihre Stimmen bekommen die Tänzer, die allesamt dem Ensemble des Hamburg Ballett John Neumeier angehören, übrigens von professionellen Sängern geliehen, die Dirigent Kazuki Yamada zusammen mit dem Salzburger Bachchor und der Camerata im großen Festspielhaus leitet.
Larissa Schütz
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