Fans in Wien jubeln
Offiziell: Erdogan gewinnt Stichwahl in der Türkei
Bei der Präsidentenwahl in der Türkei hat Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan in der zweiten Runde gewonnen. Erdogan sei zum 13. Präsidenten der Türkei gewählt worden, sagte der Chef der Wahlbehörde Ahmet Yener am Sonntag in Ankara. Bereits vor Ende der Stimmauszählung hatte sich Erdogan zum Wahlsieger erklärt. Er danke allen, die es ihm ermöglicht hätten, die nächsten fünf Jahre zu regieren, sagte Erdogan vor jubelnden Anhängern in Istanbul.
Er werde „bis ans Grab“ bei seinen Anhängern sein, erklärte Erdogan, der bereits seit 20 Jahren an der Macht ist. In Ankara füllten am Abend bereits Autokorsos mit wehenden Fahnen die Straßen, Hupkonzerte gab es auch in Istanbul.
Erdogan-Anhänger in Wien feiern
Auch in Österreich zeichnete sich ein deutlicher Sieg Erdogans ab - nach Auszählung von rund 56 Prozent der abgegebenen Stimmen votierten knapp 74 Prozent der hier lebenden Türken für Erdogan. Im Wiener 10. Gemeindebezirk Favoriten feierten Erdogan-Anhänger lautstark auf den Straßen (siehe unten).
Wie bereits im Wahlkampf hetzte Erdogan gegen lesbische, schwule, bisexuelle und transidente Menschen. „Meine Brüder, ist diese CHP denn nicht für die LGBT?“, sagte er mit Bezug auf die Partei Kilicdaroglus. In seinem eigenen Wahlbündnis gebe es so etwas nicht, so Erdogan. Er erhielt dafür laute Zustimmung aus dem Publikum.
„Unfairste Wahl seit Jahren“
Nach der Auszählung fast aller Stimmen lag Erdogan den Angaben zufolge mit 52,1 Prozent deutlich vor Kemal Kilicdaroglu, der 47,9 Prozent erreichte. Erdogan erklärte in Istanbul vor jubelnden Anhängern, er sehe das Ergebnis als Auftrag für eine Fortsetzung seiner Präsidentschaft. Sein Herausforderer, der 74 Jahre alte Kilicdaroglu, meinte, die Wahl sei die unfairste seit Jahren gewesen. „Alle Staatsmittel wurden für eine politische Partei mobilisiert und einem Mann zu Füßen gelegt“, sagte er am Abend.
Indirekt räumte Kilicdaroglu seine Wahlniederlage ein. Er bedauere „die weit größeren Probleme“, die das Land nun erwarteten, erklärte der Oppositionsführer in Ankara. Damit deutete er an, dass Amtsinhaber Erdogan die Stichwahl gewonnen hat, sagte dies aber nicht direkt. Er werde weiter für Demokratie kämpfen, so Kilicdaroglu weiter. „Bei dieser Wahl ist der Wille des Volkes für den Wechsel einer autoritären Regierung trotz aller Repressionen deutlich zum Ausdruck gekommen.“
Ungarn, Katar, Iran gratulieren
Als einer der ersten gratulierte Viktor Orban Erdogan, ebenfalls vor Bekanntgabe der offiziellen Wahlergebnisse, zum Sieg. Der ungarische Ministerpräsident twitterte von einem „unbestrittenen Wahlsieg“. Zuvor hatten Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani und Libyens Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba dem türkischen Staatschef bereits gratuliert. „Mein lieber Bruder Recep Tayyip Erdogan, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Sieg“, schrieb das Staatsoberhaupt Katars am Sonntag auf Twitter. Auch Irans Präsident Ebrahim Raisi übermittelte Erdogan bereits seine Glückwünsche.
Der 69-jährige Amtsinhaber war als Favorit in die Abstimmung gegangen, nachdem er bei der ersten Runde vor zwei Wochen die absolute Mehrheit knapp verpasst hatte. Sein Gegner, der 74 Jahre alte Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu, trat für ein Bündnis aus sechs Parteien an. Der Wahlkampf verlief unfair. Im ersten Wahlgang, den Erdogan gewann, hatte es Berichte über Unregelmäßigkeiten gegeben, die jedoch nichts am Wahlausgang änderten.
Die Wahl galt unter anderem vor dem Hintergrund einer grassierenden Wirtschaftskrise als eine der größten Herausforderungen seiner politischen Laufbahn. Dass die Mehrheit der Wähler der Krisen zum Trotz für Erdogan stimmte, liegt Beobachtern zufolge auch an der Kontrolle der Regierung über die Medienlandschaft. Erdogan konnte neben der Kontrolle über die Medien auch auf staatliche Ressourcen zurückgreifen. In einem Interview kurz vor der Wahl etwa erklärte Erdogan unhinterfragt, wirtschaftliche Probleme seien eine Mär der Opposition.
Angriffe auf Wahlhelfer
Schilderungen zufolge gab es Angriffe auf Wahlhelfer. Mehrere Politiker der oppositionellen CHP berichteten von körperlichen Attacken gegen sie selbst und Wahlhelfer. Der CHP-Politiker Ali Seker sagte, er und Wahlhelfer der Opposition seien in der Provinz Sanliurfa von einer Gruppe angegangen worden, nachdem sie Unregelmäßigkeiten beanstandet hätten.
Auch aus Istanbul, Mardin und Diyarbakir gab es Meldungen von Übergriffen. Erdogan-Anhänger sollen in einem Wahllokal einen Polizisten angegriffen haben, unverifizierte Bilder, die den Vorfall zeigen sollen, kursieren im Netz (siehe Tweet oben). Der Chef der Wahlbehörde erklärte seinerseits nach Schließung der Wahllokale, es habe bisher keine „negativen Entwicklungen“ gegeben.
Mehrheit im Parlament
Insgesamt waren rund 64 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen, davon rund 3,4 Millionen im Ausland. Im Parlament konnte sich das Bündnis um den türkischen Staatschef nach vorläufigen Zahlen bereits am 14. Mai eine Mehrheit sichern, trotz Verlusten im Vergleich zu 2018.
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