Peter Simonischek war ein schöner Mann, mehr als 1,90 Meter groß, stattlich, gebildet und klug. Dass er ausgerechnet mit einem schlecht sitzenden falschen Gebiss und einer affigen Perücke in Maren Ades Film „Toni Erdmann“ den internationalen Durchbruch schaffen würde, hat ihn selbst wohl am meisten überrascht.
Eines zeigt diese Rolle aber deutlich: Simonischek ging die Schauspielerei über alles. Und das war schon in jungen Jahren so.
Spätestens nachdem er Helmut Lohner als „Hamlet“ auf der Bühne des Grazer Schauspielhauses gesehen hatte.
Graz, Bern, Burgtheater
Ganz gegen den Willen seines strengen Vaters, eines Zahnarztes aus dem oststeirischen Markt Hartmannsdorf, entschied sich der am 6. August 1946 in Graz geborene Peter gegen das für ihn vorgesehene Medizinstudium. Er inskribierte zunächst Architektur, ließ sich aber breitschlagen, parallel eine Zahntechniker-Ausbildung zu beginnen. Beides schmiss er hin, nachdem er heimlich die Aufnahmeprüfung für die damalige Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Graz abgelegt hatte. Schon während des Studiums zeigte sich sein Talent, fixe Engagements in St. Gallen, Bern und Düsseldorf folgten.
1979 ging er an die damals von Peter Stein geleitete Berliner Schaubühne, 20 Jahre später wechselte er als fixes Ensemblemitglied ans Wiener Burgtheater. Und von 2002 bis 2009 war er der Jedermann in Salzburg. 2018 bekam er einen Nestroy-Preis als bester Darsteller für die Verkörperung des Afzal in „The Who and the What“ von Ayad Akhtar. Eine Silvester-„Fledermaus“ an der Staatsoper ohne ihn als Frosch war kaum vorstellbar. Und als „Baumeister Solness“ bleibt er den Grazern wohl in ewig guter Erinnerung.
Alles erreicht
Als Bühnenschauspieler hatte er wohl alles erreicht, was man im deutschsprachigen Theater erreichen konnte. Daneben machte er aber auch vor der Kamera auf sich aufmerksam. Rollen in deutschen TV-Krimiserien wie „Der Alte“, „Bella Block“ oder „Tatort“ wechselten mit solchen in gewichtigen Filmen wie „Gebürtig“, „Der Dolmetscher“ und schließlich einem Auftritt in „Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse“ ab. Nichts aber kam an seine berührende Darstellung von Winfried Conradi aka Toni Erdmann heran. Damit schrieb er 2016 nicht nur deutsche Filmgeschichte (zahlreiche Auszeichnungen, darunter Europäischer Filmpreis, Deutscher Filmpreis und Oscar-Nominierung), sondern sorgte auch international für Furore.
So turbulent wie seine Kariere war auch sein Privatleben. In jungen Jahren lebte er sein Künstlerdasein in vollen Zügen aus, erst in seiner zweiten Ehe mit Brigitte Karner kam er zur Ruhe. Gemeinsam mit ihr, aber auch alleine bestritt er zahlreiche Leseabende, unter anderem war er Stammgast bei der Styriarte. Der Steiermark war er überhaupt eng verbunden, davon zeugen viele Auftritte auch bei kleineren Veranstaltungen - und nicht zuletzt der Josef-Krainer-Heimatpreis, den er 2013 erhalten hat.
Am 29. Mai hat er den Kampf gegen seine lange, schwere Krankheit verloren. Die Erinnerung an ihn wird bleiben, auch wenn uns seine große Persönlichkeit, seine enorme künstlerische Präsenz und seine markante Stimme fehlen werden.
Hier geht es zum Online-Kondolenzbuch, wo man sich mit persönlichen Worten von Peter Simonischek verabschieden kann.
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