Dass es ChatGPT mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmt, dürfte sich noch nicht überall herumgesprochen haben. Aktuellstes Beispiel: ein Anwalt in den USA, der sich auf frei erfundene Antworten des auf Künstlicher Intelligenz basierenden Chatbots berief - und damit vor Gericht blamierte.
Steven A. Schwartz, seit mehr als 30 Jahren Anwalt bei der New Yorker Kanzlei Levidow, Levidow & Oberman, hatte laut einem Bericht der „New York Times“ in Vorbereitung einer Klage gegen eine Fluggesellschaft, die seinen Mandaten während eines Fluges mit einem Servierwagen angefahren hatte, Präzedenzfälle gesucht und sich dafür Hilfe suchend an ChatGPT gewandt.
Die KI wurde fündig und entdeckte gleich mehrere Präzedenzfälle inklusive der entsprechenden Aktenzeichen, die Schwartz an die gegnerischen Anwälte der Fluggesellschaft Avianca übermittelte. Dort konnte man die aufgelisteten Akten allerdings nicht finden, weshalb man nachbohrte. Schwartz kam der Bitte um zusätzliche Informationen nach und ließ sich von ChatGPT mehrseitige Auszüge aus den Akten zusammensuchen. Doch auch diese konnten die Avianca-Anwälte nicht zufriedenstellen.
„Unzuverlässige Quelle“
Denn wie sich herausstellte, waren sämtliche Präzedenzfälle inklusive Aktenzeichen und der Auszüge von ChatGPT erfunden worden. Dies räumte schließlich auch Schwartz in einer eidesstattlichen Erklärung vor einem Bezirksgericht in Manhattan ein. Er habe sich bei der Recherche von dem Chatbot unterstützen lassen, jedoch habe sich diese Quelle als „unzuverlässig erwiesen“, so der getäuschte Anwalt.
Dabei hatte dieser dem Bericht nach die KI sogar noch gefragt, ob die Fälle echt seien - was ChatGPT auch bejahte. Der Möglichkeit, dass die Inhalte des Chatbots falsch sein könnten, sei er sich nicht bewusst gewesen, sagte Schwartz, der den Chatbot laut eigenen Angaben zuvor nie genutzt hatte. Jedenfalls sei es nicht seine Absicht gewesen, das Gericht oder die Fluggesellschaft zu täuschen.
Vor Gericht sagte Schwartz, er bedauere es sehr, sich auf ChatGPT verlassen zu haben und werde dies „in Zukunft nicht mehr tun, ohne die Authentizität der Daten zu überprüfen“.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.