Kurzer Beifall und Buhs für Marlene Freitas‘ Festwochen-Inszenierung von Alban Bergs „Lulu“ - Jubel für Schostakowitschs „Lady Macbeth von Mzensk“ in der Staatsoper
Ein Mord-Pfingstwochenende: Bei den Wiener Festwochen und in der Staatsoper stehen zwei Frauen im Mittelpunkt, deren Aufstieg und Fall mit Leichen gepflastert ist. Lulu und Katerina Ismailowa. Mord ist ihr Hobby.
Voll Zwiespalt, ja als „Ausrutscher“ empfand das Festwochen-Publikum „Lulu“: Aller Applaus galt der Sängerbesetzung und besonders dem souveränen Dirigenten Maxime Pascal, der für Alban Berg in jedem Moment das richtige Gespür zeigt, sowie dem ORF Radio-Symphonieorchester, das Pascals musikalischer Feinarbeit hoch konzentriert folgt.
Die Buhs richteten sich gegen die wirren, ratlos machenden Regieeinfälle Marlene Monteiro Freitas’, die erstmals Oper inszeniert. Unverständlich, wie sie den „Krimi“ als fades Bewegungstheater missversteht. Hässlich sind ihre Einheitskostüme. Sie nennt „Lulu“ „very very DANCE“, lenkt aber mit viel choreografischem Zirkus von der Geschichte ab, bringt keine Entwicklungslinie zustande, ja, sorgt für Verwirrung. Vor allem versteht Freitas „Lulu“ als Fragment und lässt deshalb die an die zwei fertig komponierten Akte üblicherweise angehängte Ermordungsszene Lulus und der Gräfin Geschwitz weg. Eine der schönsten Nummern - „Lulu, mein Engel“ - ist gestrichen. Unfug!
Andreas Merk & Hsin Yi Hsiang bauten eine sterile beige Spielfläche. Dahinter, eine Etage höher, hinter einem Geländer spielt das RSO. Was akustisch nicht ideal ist. Auf der Bühne begleiten acht Performer/innen mit seltsamen pantomimischen Einfällen das Treiben des „wilden, schönen Tiers“, der Kindfrau Lulu, deren Aufstieg und Fall ins Elend mit Leichen gepflastert ist.
Die Besetzung: Vera-Lotte Boeckers Sopran beeindruckt. Sie könnte eine großartige Lulu werden, laszive Erotik ist nicht ganz ihre Sache (!), aber sie ist die naive Kindfrau und gefährlich. Bo Skovhus dominiert als skrupelloser Dr. Schön. Den Figuren gerecht werden Edgaras Monvidas (Alwa), Cameron Becker (Maler), Anne Sofie von Otter (Gräfin Geschwitz) und Kurt Rydl (Schigolch).
Beeindruckt war das Publikum von Dmitri Schostakowitschs „Lady Macbeth von Mzensk“, die der Engländer Alexander Soddy erstmals in der Staatsoper dirigierte. Matthias Hartmanns Inszenierung ist zwar bieder und brav wie vor 14 Jahren. Aber Soddy führt das Staatsopernorchester mit Energie und Gespür für Liebesszenen und packende dramatische Steigerungen. Viel Applaus für Elena Mikhailenko als Katerina mit klarem, fülligem Sopran. Ein Mordsweib, das drei Menschenleben auf dem Gewissen hat. Überzeugend ihre Opfer Günther Groissböck (Boris), Andrei Popov (Sinowi) und Maria Barakova (Sonjetka). Dmitry Golovnins Tenor ist ein verlässlicher Liebhaber Sergej.
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