Die Gewerkschaft GPA drängt auf ein Ende der sogenannten „Wochengeldfalle“. Wenn Frauen während ihrer Karenz aufgrund des ersten Kindes erneut schwanger werden, haben sie nur dann Anspruch auf Wochengeld, wenn sie noch Kinderbetreuungsgeld beziehen. Diese Regelung hat der OGH in einem Erkenntnis aus dem Vorjahr als unionrechtswidrig eingestuft - bisher hat die Regierung das entsprechende Gesetz aber nicht repariert.
Im Anlassfall ging es um eine Angestellte der Österreichischen Gesundheitskasse, die in ihrer Karenz zunächst die einkommensabhängige Variante des Kinderbetreuungsgelds bezog. Nach dessen Auslaufen hatte sie kein eigenes Einkommen mehr und wurde kurz vor Ende der vereinbarten Karenz erneut schwanger. Da es sich dabei um eine Risikoschwangerschaft handelte, unterlag sie einem vorzeitigen Beschäftigungsverbot und konnte ihren Dienst nicht wieder antreten. Mit Beginn ihres Beschäftigungsverbots hatte sie daher weder Anspruch auf Wochengeld noch auf Entgelt.
GPA berief sich auf Mutterschutz-Richtlinie der EU
Die Angestellte klagte mit Unterstützung der GPA und bekam vom OGH Recht. Die Mutterschutz-Richtlinie der EU regelt, dass während des Mutterschaftsurlaubs von zumindest 14 Wochen die Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder ein Anspruch auf eine angemessene Sozialleistung gewährleistet sein muss. Diese ist zwar nicht unmittelbar anwendbar, weil sie von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss.
Wenn dies allerdings nicht fristgemäß oder nur unzulänglich geschieht, kann sich der Einzelne dennoch gegenüber dem Staat darauf berufen, wenn die dort enthaltenen Regelungen inhaltlich unbedingt und hinreichend genau bestimmt sind. Da die Gesundheitskasse einer mit der öffentlichen Gesundheitsvorsorge betraute staatliche Einrichtung ist, war dies bei der Angestellten der Fall.
Im konkreten Fall einigte sich die Angestellte mit der Gesundheitskasse nach dem OGH-Urteil. Dieser hatte die Causa zur genauen Klärung der Ansprüche an das Erstgericht zurückverwiesen. Das entsprechende Gesetz wurde aber nach wie vor nicht repariert. GPA-Vorsitzende Barbara Teiber forderte in einer Aussendung, dass sich „das Wochengeld und das Kinderbetreuungsgeld in solchen Fällen an jenem des ersten Kindes orientieren sollte. Frauen dürfen nicht dafür bestraft werden, ihr zweites Kind ,zu früh‘ zu bekommen.“
Sozialministerium „um eine zeitnahe Lösung bemüht"
Im Sozialministerium verwies man gegenüber dem „Standard“ (Mittwoch-Ausgabe) auf Gespräche mit anderen betroffenen Ressorts (v.a. das Familienministerium). „Wir sind uns des OGH-Urteils bewusst und um eine zeitnahe Lösung bemüht.“
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