Die Rappenlochschlucht zählt zu den großen Sehenswürdigkeiten im Raum Dornbirn, fast jeder Vorarlberger war schon einmal dort. Doch die Klamm ist nie dieselbe, denn sie befindet sich stets im Wandel.
Die Rappenloch- und Alplochschlucht gehören zu den größten Schluchten Mitteleuropas und sind beliebte Wanderziele im Raum Dornbirn. Das Gebiet ist gut erschlossen und an Wochenenden entsprechend gut besucht. Die Rappenlochschlucht, eine etwa 500 Meter lange Klamm, beeindruckt mit ihren steil abfallenden Felswänden und der dazwischen tosenden Dornbirner Ach. Das Aussehen der Schlucht hat sich im Laufe der Zeit immer wieder stark gewandelt - teils durch Naturgewalten, teils durch den Einfluss des Menschen. Entstanden ist die Klamm vor rund 1200 Jahren durch den Durchbruch eines Vorläufers der Ebniter- beziehungsweise Dornbirner Ach durch die Kalk-Mergelberge des Bregenzerwaldgebirges.
Ein Rapp oder eine Rabe als Namensgeber?
1791 wurde die erste Brücke über die Schlucht aus Holz gebaut. Woher die Namen Rappenloch und Alploch stammen, liegt heute im Dunkeln. Erstere Bezeichnung könnte auf den Raben, im Volksmund „Rapp“ genannt, oder den Waldrapp zurückgehen. Der Ibisvogel ist im späten Mittelalter in den Alpgebieten ausgestorben und hatte in den engen Felsschluchten vielleicht eine seiner letzten Kolonien in unseren Gefilden. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden nach Plänen von Alois Negrelli im Rappenloch vier Geschiebesperren errichtet. Diese sollten die Eintiefung der Ache und die Unterschneidung der Hänge verhindern. Für die Bauarbeiten sowie zum Holztransport wurde auch ein erster, schmaler Steg angelegt, der Abschnitte der Klamm begehbar machte.
Ausgangspunkt / Route: vom Gütle durch die Rappenlochschlucht bis zum Staufensee (Jausenstation Kraftwerk Ebensand) und wieder zurück ist die klassische Wander/Spazierroute, dabei sind auch 187 Stufen bergauf zu bewältigen
Dauer: ca. eineinviertel Stunden
Ausrüstung: gutes Schuhwerk, dem Wetter angepasste Kleidung
Einkehrmöglichkeiten: Gasthaus Gütle, Rappenlochstadl, Jausestation Kraftwerk Ebensand
Anmerkung: die Alplochschlucht ist aufgrund ausstehender Felsräumungsarbeiten noch gesperrt (Stand 1. Juni)
Öffentliche Verkehrsmittel: Buslinie 177 von Bahnhof Dornbirn bis ins Gütle
Die fortschreitende Industrialisierung verlangte nach immer mehr Energie. Wasserkraft sollte diese für die neue Textilspinnerei von Franz Martin Hämmerle im Dornbirner Gütle liefern. Daher wurde schließlich auch ein Stausee am oberen Ende der Schlucht errichtet und der sogenannte Wasserwärterweg dementsprechend verlängert. Ein kühner Felssteig durchquerte ab damals die Klamm. So konnte der Schleusenwärter seinen Arbeitsplatz erreichen. Im Jahr 1902 wurde die Begehung der Schlucht schließlich für die Allgemeinheit möglich gemacht. Heute ist das Naturdenkmal quasi vollständig erschlossen und durch gut beschilderte Wanderwege ein beliebtes Ausflugsziel.
Bis vor wenigen Jahren konnte man vom Gütle durch die Schlucht direkt zum Staufensee wandern. Im tiefsten und wildromantischen Teil der Klamm führte der Weg durch einen Tunnel, direkt darüber verlief die Rappenlochbrücke in Richtung Ebnit. Am 10. Mai 2011 riss allerdings ein Felssturz das Gebäude in die Tiefe. Die Geröllmassen - schätzungsweise 15.000 Kubikmeter Gestein - verschütteten zudem Schlucht und Tunnel, der Durchgang zum Staufensee war folglich nicht mehr möglich und die Zufahrt ins Ebnit abgeschnitten. Wie durch ein Wunder kam niemand dabei zu Schaden.
Das Bild der Rappenlochschlucht hat sich seit diesem Ereignis jedoch noch einmal grundlegend verändert. Das österreichische Bundesheer errichtete eine neue Brücke (Pionierbrücke), damit das Bergdorf Ebnit wieder erreicht werden konnte. Eine Weg- und Steganlage wurde installiert, die Wanderroute verlegt - insgesamt kam es zu einer zweijährigen Sperre für die Öffentlichkeit. Als Höhepunkt der neuen Route bietet sich nun ein direkter Blick auf den Felssturz. Im März 2020 lösten sich aus der Felswand abermals rund 10.000 Kubikmeter Gestein. Da zwei Tage vor diesem erneuten Felssturz die österreichweiten Ausgangsbeschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie in Kraft getreten waren, befanden sich glücklicherweise deutlich weniger Personen auf der Strecke als sonst.
Am Fuße der Kalkfelsen in der Rappenlochschlucht ist die Humusschicht mit Steinen und Blockschutt durchsetzt. Es ist schattig, kühl und feucht. Hier gedeiht der Hirschzungenfarn. Durch seine glatten, glänzenden sowie zungenförmigen Blattwedel unterscheidet er sich deutlich von allen gefiederten Farnverwandten. Die Hirschzunge stammt aus der Familie der Streifenfarngewächse, der weltweit rund 720 Arten angehören. Der Hirschzungenfarn ist der einzige geschützte Farn im Alpengebiet und zählt zu den Charakterarten des Schluchtwaldes. Es gibt zahlreiche in Gärten kultivierte Zierformen dieser Farnart, die beispielsweise stark wellig gekräuselte Blattränder aufweisen. Die Blätter der Hirschzunge fanden früher als Heilmittel bei Milzerkrankungen Anwendung.
Labiles Gestein abgesprengt
Die Wanderwege mussten erneut gesperrt werden und es wurde eine großräumige Neuterassierung des Straßenverlaufs beschlossen. Ein Jahr nach diesem Ereignis wurden an die 17.000 Kubikmeter an labilen Gesteinsmassen in der Schluchtwand abgesprengt, damit abermals mit dem Neubau der Brücke gestartet werden konnte. Bis heute finden in der Rappenlochschlucht Bauarbeiten statt. Das trägt nicht unbedingt zum Flair bei, wird über lange Sicht aber die Sicherheit künftiger Besucher erhöhen. Nach den vielen Starkregentagen im heurigen Frühjahr haben sich zudem große Mengen an Sand und Geschiebe im ansonsten grün schimmernden Staufensee angehäuft. Die Klamm befindet sich stetig im Wandel und zeigt fast jedes Jahr eine neue Facette. Naturgewalten und Menschenhand haben ihre Spuren hinterlassen, weshalb kein Ausflug in die Schlucht wie der vorherige ist.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.