Die russischen Angreifer überziehen die ukrainische Hauptstadt mit einer Welle von nächtlichen Attacken aus der Luft. Berichten zufolge starben dabei in der Nacht auf Donnerstag drei Menschen - unter ihnen ein kleines Mädchen -, weil ein Luftschutzbunker verschlossen war. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rügte deswegen indirekt den Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko.
Am frühen Donnerstagmorgen, als die Russen mehrere Raketen auf Kiew abschossen, haben laut Augenzeugenberichten das neunjährige Kind, seine 34-jährige Mutter und eine weitere 33 Jahre alte Frau versucht, in einen Luftschutzbunker zu gelangen. Dieser sei aber verschlossen gewesen.
„Haben gegen die Türen gehämmert“
Die drei Menschen wurden bei dem Luftangriff getötet, weil sie schutzlos ausgeliefert gewesen seien, beklagt der Witwer der 33-Jährigen: „Sie haben gegen die Türen des Bombenschutzkellers gehämmert, es hat aber niemand aufgemacht.“
Der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko nannte den Vorfall ein „Verbrechen“ und erklärte, dass eine Untersuchung zu dem verschlossenen Luftschutzbunker beim Krankenhaus in Desnjanskyj eingeleitet worden sei.
„Ausdrückliche Pflicht der Behörden“
Am Donnerstagabend schaltete sich auch Selenskyj ein. „Eine Situation wie vergangene Nacht in Kiew, als die Menschen zum Schutzbunker kamen und der verschlossen war, darf nie wieder vorkommen“, betonte er. „Es ist die ausdrückliche Pflicht der lokalen Behörden, sicherzustellen, dass genügend Zufluchtsräume vorhanden und rund um die Uhr geöffnet sind“, so Selenskyj, der damit indirekt Kritik an Klitschko übte.
„Es schmerzt, Nachlässigkeit bei diesen Verpflichtungen zu sehen. Es tut weh, die Toten zu sehen. Und wenn die Pflicht vor Ort nicht erfüllt wird, liegt es in der unmittelbaren Verantwortung der Strafverfolgungsbehörden, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen“, sagte Selenskyj.
Zuvor hatte Klitschko nach der tödlichen Panne am Donnerstag bereits reagiert. Er habe das Präsidialamt gebeten, den Leiter des betroffenen Stadtteils, Dmytro Ratnikow, für die Dauer der Untersuchungen von seinem Posten freizustellen, erklärte er. Zudem ordnete Klitschko an, die Schutzräume in allen Kiewer Bezirken zu überprüfen.
Brüchiger Burgfrieden
Die Rüge, die sich der Kiewer Bürgermeister von Selenskyj zuzog, ist nicht die erste. Bereits vergangenen November tadelte ihn der ukrainische Präsident wegen der massiven Stromausfälle in Kiew durch russische Angriffe. Es war das erste Mal, dass der stillschweigend vereinbarte Burgfrieden zwischen den beiden, der seit dem Beginn des Krieges gilt, gebrochen wurde. Selenskyj und Klitschko sind eigentlich politische Rivalen.
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