Nach vielen Jahren in Berlin ist Nicola Gratzer zurück in seiner Heimatstadt Graz. Beim 28-Jährigen gehen nicht nur Gespräche, sondern auch dunkle Kreaturen unter die Haut.
Wie einer, der Angst vor Schmerzen hat, sieht Nicola Gratzer nicht aus. Sein Hals ist mit Tattoo-Farbe geschwärzt, sein Gesicht zieren Punkte und schwungvolle Linien. Wenn der 28-Jährige sein Sweatshirt hochkrempelt und den Blick auf seine Arme freigibt, kann man seine ursprüngliche Hautbeschaffenheit nur mehr erahnen.
Sein erstes Tattoo ließ er sich nach seinem 18. Geburtstag stechen, auf dem Oberarm, ein Ornament, das heute großflächig übermalt ist - wie der Rest seines Körpers. „Irgendwann merkt man das selbst nicht mehr so“, lacht der Tätowierer, der mit Künstlernamen „Asura“ heißt und seine Leidenschaft für gestochene Kunst bei Lightbearer Tattoo in Graz an seine Kunden weitergibt.
Von Graz nach Berlin und wieder zurück
Zurück in die Heimat verschlug es ihn vor zwei Jahren, als er beschloss, Berlin wieder den Rücken zu kehren. Dabei waren seine Jahre in der deutschen Hauptstadt sehr prägend. Vor allem wegen der unauslöschlichen Kunstwerke, die er dort unter die Haut der Berliner gebracht hat.
Der Steirer musste davor aber ein paar Hürden überwinden. „Es gibt keine normale Lehre, daher habe ich Illustration studiert, um eine Grundlage zu haben. Das Studium habe ich aber nicht fertig gemacht und stattdessen ein Tattoo-Studio und einen Mentor gesucht.“ Diese Suche gestaltete sich allerdings schwierig. Mit der Bewerbungsmappe unter dem Arm fragte Nicola in verschiedenen Studios nach einer Ausbildungsmöglichkeit und wurde zunächst enttäuscht: „Von zehn Betrieben habe ich eine Abfuhr bekommen, bevor mich jemand aufgenommen hat.“ In einer Seitengasse im Berliner Stadtteil Neukölln lernte er schließlich das Handwerk.
Wie aus Leidenschaft ein Beruf wurde
Seine ersten Kunden waren die engsten Freunde. „Sie haben mir zum Glück vertraut“, lacht Nicola. Auf Schweinehaut geübt hat er davor nämlich nicht. „Das erste Mal, als ich die Maschine angesetzt habe, war tatsächlich auf meinem eigenen Oberschenkel, der ist mit Strichen übersät.“
Auch ein Vogel ist neben den dunklen Stellen zu sehen. „Eines der besseren Motive aus der Anfangszeit“, wie Nicola sagt.
Als überwältigend würde er diese Erfahrungen beschreiben. „Man weiß nicht, wie man die Maschine hält, was für Tinte man benutzt oder wie tief man in die Haut geht.“ Es sei ein intensiver Lernprozess gewesen, immerhin bestehe ein Unterscheid zwischen Skizzen auf Papier und Motiven auf Körperstellen. Um sich weiterzuentwickeln hat er den Tätowierern viel über die Schultern geschaut und seinen Stil schnell gefunden. „Mir war immer klar, dass ich meine eigenen Sachen machen will.“
Großer Wunsch: „Kompletten Körper gestalten“
Tattoos haben den Grazer übrigens schon mit 15 Jahren fasziniert. Auch als Kind habe er viel gezeichnet. „Später habe ich meine Illustrationen auf Instagram hochgeladen, so konnte ich Leuten auf der ganzen Welt zeigen, was ich mache.“ Während sich Nicola selbst eher als ruhig und ausgeglichen beschreibt, sind seine Arbeiten melancholisch und surreal. Finstere Kreaturen, die an düstere Fantasywelten erinnern, zeichnen seine Handschrift aus.
In der echten Welt geht Nicola gerne mit seinem Hund spazieren: „So bekomme ich den Kopf frei.“ Für neue Projekte und auch für seinen großen Wunsch: „Einen kompletten Körper zu gestalten!“
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