So richtig hatte ihn wohl keiner auf dem Schirm. Jonas Kaufmann wird überraschend Intendant der Festspiele Erl.
Die Tatsache, dass ein gefeierter Künstler die Leitung eines Festivals übernimmt, ist dabei weniger spektakulär. Das haben schon andere vor ihm mehr oder auch weniger erfolgreich getan. Ein Paradebeispiel dafür, dass eine solche Zusatzaufgabe gut erfüllt werden kann, ist mit Cecilia Bartoli und ihren Pfingstfestspielen in Salzburg gerade wieder höchst beachtlich über die Bühne gegangen.
Das Spielfeld zu erweitern gehört in der Branche mit fortschreitender Karriere ja auch zum guten Ton. So wie sich alternde Männer irgendwann einer jungen Geliebten oder zumindest einem Sportwagen zuwenden, hat man als Sänger die Wahl zwischen Regie, Dirigieren oder einer Intendanz.
Jonas Kaufmann hat sich für Letzteres entschieden. „Von 0 auf 100“, wie er es bei der Pressekonferenz am Freitag im Wiener Künstlerhaus formulierte. Dass der gebürtige Münchner und Wahl-Salzburger gerne und schnell ja zu verlockenden Angeboten sagt, ist kein Geheimnis. Auch, dass er mit diesem Übereifer gelegentlich an seine Grenzen kommt. Doch trotz seines großen Enthusiasmus will er erst mal zwei Spielzeiten zuschauen, um, wie er betonte, zu lernen und seine Pläne zu verfeinern, bevor er ins kalte Wasser springe.
Seine Pläne dürften immerhin so überzeugend sein, dass sie jene der 43 anderen Bewerberinnen und Bewerber ausgestochen haben, und da sich der Erler Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner einen „Mr. Erl“ gewünscht hat, dürfte auch Kaufmanns überaus große Bekannt- und Beliebtheit nicht gerade von Nachteil gewesen sein. Die Identifikation mit dem Festival, die einen „Mr. Erl“ auszeichne, sitzt bei ihm jedenfalls schon tief in den Knochen – im Gegensatz zu seinem Vorgänger Bernd Loebe, wie Kaufmann leicht stichelnd anmerkte. Sein Großvater verbrachte seine letzten 25 Lebensjahre in Tirol und so sei Kaufmann das Bundesland von Kindesbeinen an ans Herz gewachsen.
Romantisch könnte man hier also von einer Fügung des Schicksals sprechen, dass Kaufmann zum ersten Mal in Erl die Geschicke hinter den Kulissen lenken wird. Übrigens ebenso davor, denn auch künstlerisch will der neue Intendant bei „seinem“ Festival zukünftig tätig sein. Bleibt zu hoffen, dass er damit Opernpartien meinte und es nicht schon bald zu den traditionellen Tiroler Winterfestspielen „Weihnachten mit Jonas Kaufmann“ heißt.
Larissa Schütz
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