Der Welser Regisseur Andreas Gruber berichtet in seinem Theaterstück „Das Menschenmögliche“ von der „Mühlviertler Hasenjagd“ - ein besonders dunkles Kapitel in der jüngeren Geschichte Oberösterreichs. Die Waldaistbühne brachte das Geschichtsdrama auf der Burg Reichenstein zur Uraufführung: Standing Ovations für eine Sternstunde des Amateurtheaters!
Am 2. Februar 1945 brachen 500 sowjetische Offiziere aus dem KZ Mauthausen aus. Die meisten von ihnen starben im Schnee, die anderen wurden von der SS und der Zivilbevölkerung gejagt - und erschossen. Die sogenannte „Mühlviertler Hasenjagd“ ist eines der dunkelsten Kapitel in der jüngeren Geschichte Oberösterreichs.
Der Welser Regisseur Andreas Gruber hat darüber schon 1994 einen preisgekrönten Film gemacht, dabei rückte er die Erinnerungen der Zeitzeugin Anna Hackl ins Zentrum. Ihre Mutter, Maria Langthaler, rettete einst zwei Geflohenen das Leben.
Einprägsame, starke Bilder
Jetzt hat Gruber den Stoff zu einem Theaterstück umgearbeitet. Die Uraufführung der Waldaistbühne auf der Burg Reichenstein, Tragwein im Mühlviertel, wurde zu einer Sternstunde des Laientheaters in Oberösterreich. Regisseurin Eva Stockinger gelingt ein unverkitschtes, aber expressives und mitreißendes Geschichtsdrama.
Zeitzeugin spielt wichtige Rolle
Stockinger hat den Mut Bilder zu verknappen, lenkt den Fokus auf wesentliche Szenen, oder deutet passgenau an, was gar nicht mehr ausgespielt werden muss, weil es schon sichtbar ist - gewaltig, hochemotional. Immer wieder wird der Augenblick eingefroren, eine Erzählerin in der Rolle der Zeitzeugin tritt auf.
Sogar Pferd und Hund
Stockinger legt auch Wert auf körperbetontes Schauspiel, lässt die Gefangen in der Kälte deutlich zittern, die Dorfleute gehen teils grob miteinander um. Auch Realismus hat in der detailreichen, schlüssig verwobenen Dramaturgie Platz: Die SS fährt im Beiwagen-Motorrad in den Innenhof, das Kutschpferd zieht den Karren mit den Toten. Und so steigert sich die Authentizität in der Kunstform enorm, man wird mitgerissen, ist hingerissen und so betroffen, als wäre diese Menschenhatz erst kürzlich geschehen.
Auch Wunder gibt es: Als der Schäferhund den Heuboden durchstöbert, findet er Nikolay und Michail nicht. Die zwei letzten Überlenden KZ-Insassen sind der unmenschlichen Todesjagd entkommen, weil sie bei Maria Langthaler und ihrer Familie - einfache Bauersleut‘, die kein Hitlerbild in der Stube hängen haben - untertauchen können.
Nach Grubers Film „Vor lauter Feigheit kein Erbarmen“ setzt nun auch sein Stück „Das Menschenmögliche“ diesen Widerständlern, die ihr eigenes Leben riskierten, zurecht ein Denkmal.
Schauspiel auf höchstem Niveau
Grandios ist die schauspielerische und auch sprechtechnische Leistung des vielköpfigen Ensembles der Waldaistbühne, im Kern überzeugen Eva Hötzendorfer, Manfred Wolf, Werner Mühlbachler, Matthias Aistleitner, Bernhard Mühlbachler, Horst Prückl und noch viele weitere. Der kraftvolle Auftakt im Sommertheater-Reigen sei wärmstens ans Herz gelegt!
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