Prinz Harry ist am Dienstag zum Bespitzelungsprozess gegen den „Mirror“-Verlag in London erschienen, wo er schwere Vorwürfe erhob. Die ständige Berichterstattung über seine Person, schon während seiner Jugend, hätten „ihm Stress zugefügt“. In der Schule hätte er sich schwergetan, weil er als „Betrüger“ und „minderjähriger Trinker“ dargestellt wurde. „Blut an den Fingern“ warf er der „Tabloid Press“ vor, und meinte, diese habe alle seine Beziehungen zerstört und trachte nun danach, auch die Ehe mit Meghan zu beenden.
Dass er mit Ehefrau Herzogin Meghan und dem gemeinsamen Sohn Archie in die USA zog, sei „zu einem großen Teil (...) auf das ständige Eindringen, die Anstiftung zu Hass und Belästigung durch die Boulevardpresse in jeden Aspekt unseres Privatlebens zurückzuführen, was verheerende Auswirkungen hatte“, hieß es in einem Dokument, das der High Court veröffentlichte.
„Wir waren auch sehr besorgt um die Sicherheit unseres Sohnes.“
Aussage unter Eid
Harry sagt seit Dienstag unter Eid aus und wurde vom Anwalt des Verlags Mirror Group Newspapers (MGN) ins Kreuzverhör genommen - als erster Royal seit mehr als 130 Jahren.
„Ich stand die meiste Zeit meines Lebens unter Beobachtung der Presse“, beschwerte sich der 38-Jährige, der als jüngster Sohn des damaligen Prinzen von Wales und heutigen Königs Charles III. und der verstorbenen Prinzessin Diana in eine der bekanntesten, wenn nicht die bekannteste Familie der Welt, hineingeboren wurde.
Bei der zivilen Sammelklage gegen MGN („Daily Mirror“, „Sunday Mirror“, „The People“) werden exemplarisch die Fälle von mehreren Prominenten verhandelt, die den Journalisten vorwerfen, sie bespitzelt zu haben - etwa durch das Abhören von Voicemail-Nachrichten. Im Vordergrund steht dabei, wie sehr die Führungsebene verwickelt war.
„Minderjähriger Säufer“
In seiner schriftlichen Stellungnahme betonte Harry, die Boulevardpresse weise den Mitgliedern der Royal Family eine bestimmte Rolle zu. „Man startet als leere Leinwand, während sie herausfinden, was für ein Mensch man ist und welche Probleme und Versuchungen man möglicherweise hat“, sagte er. „Dann beginnen sie, einen dazu zu bewegen, die Rolle oder die Rollen zu spielen, die ihnen am besten gefallen und mit denen sie möglichst viele Zeitungen verkaufen.“
Man werde dann abgestempelt, in seinem Fall etwa als „Betrüger“, „minderjähriger Säufer“ oder „verantwortungsloser Drogenkonsument“. Seine Mitschüler hätten das alles gelesen. Er hätte damals Angst gehabt, aus der Schule geworfen zu werden.
„Blut an den Tippfingern“
Dass mehrere Boulevardmedien illegale Praktiken angewandt haben, ist schon aus anderen Verfahren bekannt. Die Anschuldigungen im aktuellen Prozess wies der Verlag jedoch zurück.
Manche Begebenheiten, die Harry anklagte, hätten stattgefunden, bevor Harry ein Mobiltelefon besessen hätte, das abgehört hätte werden können. Harry erklärte dazu im Kreuzverhör: „Meine Mutter wurde oft angerufen, häufig weinte sie danach.“
Wie sehr er sich von der britischen Presse bedroht fühlt, machte der Prinz mit drastischen Worten deutlich, als er erklärte: „Wie viel Blut wird noch an ihren Tippfingern kleben, bevor jemand diesem Wahnsinn ein Ende setzt?“ Der 38-jährige Prinz erklärte, er wolle damit „den Journalismus als Beruf retten“.
Alle Beziehungen zerstört
Die britische Boulevardpresse hat nach Ansicht von Prinz Harry nicht nur seine Mutter auf dem Gewissen, sondern alle seine Beziehungen zerstört. Die „Tabloid Press“ wolle auch seine Ehe mit Herzogin Meghan zerbrechen, betonte Harry.
„Wann immer ich eine Beziehung einging, waren sie sehr daran interessiert, über die Einzelheiten zu berichten“, erklärte Harry. Zugleich habe die Presse versucht, die Beziehungen schnell zu beenden, indem sie Druck ausgeübt und Misstrauen gesät habe. „Dieses verquere Ziel wird bis heute verfolgt, obwohl ich inzwischen verheiratet bin.“
Er verstehe nicht, inwiefern private Details seiner Beziehungen im öffentlichen Interesse lägen.
Dreitägiger Prozess
Insgesamt sind drei Tage - bis Mittwoch - für die Vorwürfe Harrys angesetzt. Das Verfahren läuft bis Ende Juni, ein Urteil wird erst im Laufe des Jahres erwartet. Harry führt in mehreren Verfahren einen Feldzug gegen die Boulevardpresse.
Die britische Königsfamilie äußerte sich nicht zu Prinz Harrys Gerichtsauftritten.
Als bisher letztes Mitglied der königlichen Familie vor Gericht war Charles‘ Schwester Prinzessin Anne, die sich 2002 schuldig bekannte und eine Geldstrafe zahlen musste, nachdem einer ihrer Hunde zwei Kinder gebissen hatte.
Zuletzt im Kreuzverhör stand ein Royal 1891 - der damalige Thronfolger Prinz Edward sagte in einem Verfahren um Schummeleien beim Kartenspiel aus.
Aufregung um Verfolgungsjagd
Kurz vor seinem Prozess hat Prinz Harry gemeinsam mit seiner Ehefrau Herzogin Meghan in New York für Wirbel gesorgt. Das Paar war gemeinsam mit Meghan Markles Mutter Doria in eine Autoverfolgungsjagd mit Paparazzi verwickelt.
Der jüngere Sohn von König Charles III. und seine Ehefrau waren Mitte Mai mit Meghans Mutter Doria Ragland auf einer Preisverleihung. Anschließend wurden sie - mit einem Begleittross aus mehreren Geländewagen - für rund 75 Minuten kreuz und quer durch die Upper East Side gefahren, um Verfolger abzuschütteln. Dann hielten sie an einer Polizeiwache und stiegen in ein Taxi um. Wie aus dem Umfeld des Paares zu erfahren war, übernachteten Harry und Meghan bei Freunden und wollten die Paparazzi nicht zu deren Adresse führen.
Doch wie gefährlich und Aufsehen erregend die Verfolgung durch die Pressefotografen war, darüber widersprechen sich die Angaben. „Ich habe sie noch nie so verletzlich erlebt wie vergangene Nacht“, sagte Ashley Hansen, eine Sprecherin des Paares, dem britischen Sender Sky News. „Sie waren unglaublich verängstigt und aufgewühlt.“ Der Buckingham-Palast wollte sich nicht zu dem Vorfall äußern.
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