Nach dem Verkauf der Möbelkette Kika/Leiner durch die Signa-Retail-Gruppe des Tiroler Immobilienjongleurs Rene Benko will das unter Druck geratene Unternehmen nächste Woche Insolvenz anmelden. „Nach Prüfung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens wird die Restrukturierung des Unternehmens über ein Sanierungsverfahren stattfinden, das kommende Woche angemeldet wird“, teilte Kika/Leiner am Mittwoch mit.
Das Maßnahmenpaket zur Rettung des Unternehmens werde „unverändert umgesetzt“, hieß es vom Unternehmen. Gleichzeitig fallen jedoch viele Lieferanten, die nicht unter Vorbehalt oder Vorauskassa geliefert haben, um den Großteil ihrer Forderungen um. Die Mindestquote, die von Kika/Leiner beglichen werden muss, beträgt nämlich nur 20 Prozent. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter übernimmt wiederum der Insolvenzentgeltfonds, also der Steuerzahler.
Am Dienstag hatte der neue Eigentümer der Möbelkette angekündigt, 23 von 40 Standorten per Ende Juli zu schließen und 1900 von 3900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu kündigen. Auch die Zentralabteilungen und die Verwaltung sollen „erheblich“ verkleinert werden.
Kunden müssen sich keine Sorgen machen
Keine Sorgen müssen sich Kunden machen, die Anzahlungen getätigt oder Gutscheine gekauft haben. Diese seien laut Kika/Leiner-Sprecher Michael Slamanig „garantiert“. Auch gesammelte Bonus-Punkte bleiben und bestehende Aufträge werden so ausgeführt, wie es vereinbart wurde, heißt es.
Keine Gewinnerzielung in den letzten Jahren
Nach knapp fünf Jahren als Eigentümer verkaufte die Signa-Retail-Gruppe vergangene Woche auch die Kika/Leiner-Immobilien für einen nicht genannten Preis an die Supernova Gruppe des deutschen Fachmarkt-Unternehmers Frank Albert. Einen Gewinn hatte das Möbelgeschäft für Signa in den vergangenen fünf Jahren nicht abgeworfen. Die Möbelkette sei mit einem operativen Verlust in Höhe von mehr als 150 Millionen Euro übernommen worden und um die laufenden Kosten zu decken, betrage der Liquiditätsbedarf bei sinkenden Umsätzen monatlich circa acht bis zehn Millionen Euro, erklärte der neue Eigentümer Wieser am Dienstag.
Bilanzverlust von 106 Millionen Euro
Die Verbindlichkeiten von Kika/Leiner sollen sich auf rund 300 Millionen Euro belaufen. Über die Jahre kumulierte sich bis Ende September 2021 ein Bilanzverlust bei Kika und Leiner von 106 Millionen Euro bzw. 83,7 Millionen Euro, geht aus dem Firmenbuch hervor. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor.
Kritik von Gewerkschaft
Enttäuscht über die jüngste Entwicklung beim Möbelriesen zeigt sich die Gewerkschaft. GPA-Vorsitzende Barbara Teiber: „Wir sind sehr überrascht. Beim Verkauf letzte Woche war seitens der Signa-Gruppe von Réne Benko noch von einem guten Investment die Rede. Ein paar Tage später findet dann plötzlich der Kahlschlag statt“. Durch die Insolvenz komme dazu, dass der Betriebsrat, den es in jeder zweiten Filiale gibt, keinen Sozialplan für die 1900 gekündigten Mitarbeiter mehr ausverhandeln kann.
Gute Mitarbeiter und vor allem Lehrlinge sind immer herzlichst willkommen.
XXXLutz-Sprecher Thomas Saliger
Bild: Lutz
Viele Händler haben aber schon Interesse an den neuen Arbeitssuchenden angemeldet. Insbesondere bei den Lebensmittelhändlern Rewe, Spar, Lidl oder die Post betont, dass „Tür und Tor“ offenstehen. Naheliegender ist aber ein Wechsel zu Mitbewerbern wie XXXLutz.
XXXLutz: Gute Mitarbeiter „herzlich willkommen“
Sprecher Thomas Saliger: „Wer jetzt den Job verliert, weiß, wo er sich bewerben kann. Gute Mitarbeiter und vor allem Lehrlinge sind immer herzlichst willkommen.“ Seit Februar merke aber auch der Branchenprimus eine Kaufzurückhaltung. Grund seien neben der hohen Inflation die gestiegenenZinsen sowie dieverschärften Kreditvergaberichtlinien, die etwa den Neubau bremsen.
Überrascht vom Ausmaß der Filialschließungen ist Branchenexperte Andreas Kreutzer. Er geht davon aus, dass Kika/Leiner klar auf Platz 3 hinter Ikea rutschen wird und der Abstand zu XXXLutz dadurch noch größer wird.
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