Im Juni 2018 hatte René Benkos Signa-Gruppe - mit Unterstützung der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung - die Möbelkette Kika/Leiner übernommen. Damals meldeten sich sogar Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache zu Wort. In einer Aussendung teilten der damalige Kanzler und sein Vize gemeinsam mit: „Österreichische Lösung zur Weiterführung von Kika/Leiner sichert 5000 Arbeitsplätze.“ Und: „Es freut uns auch, dass wir in den Verhandlungen einen Beitrag zum Weiterbestand von Kika/Leiner leisten konnten.“
Im Juni 2023 hat die Signa-Gruppe Kika/Leiner wieder verkauft. Die Folge: radikale Sanierungsmaßnahmen. 23 der 40 Standorte müssen mit Ende Juli geschlossen werden, 1900 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. Der neue Eigentümer des Handelsgeschäfts erklärt, man sei „angetreten, um Kika/Leiner zu retten. Und wir retten jetzt, was zu retten ist.“ Ein Kika/Leiner-Sprecher gestand Mittwochfrüh ein, dass auch eine Insolvenz-Option geprüft werden müsse, kommenden Dienstag könnte es so weit sein.
Wie konnte es so weit kommen? Was haben Kaufhausjongleur Benko und seine Manager in diesen fünf Jahren fabriziert, wenn nun bekannt wird, dass sich Kika/Leiner in einer dramatischen Schieflage befindet und bei sinkenden Umsätzen monatlich acht bis zehn Millionen Euro benötigt?
Fest steht jedenfalls, dass es in dieser Zeit seitens der Signa-Gruppe viele vollmundige Versprechungen gab: Schon im August 2018, zwei Monate nach der Übernahme, gibt Kika/Leiner die Schließung von vier Möbelhäusern bekannt. Laut Gerüchten sollen 1000 Jobs wackeln. Im September 2018 wird öffentlich, dass 1100 Mitarbeiter gehen müssen.
Der Traum von der „Champions League“
Im November 2018 bekommt Kika/Leiner einen neuen Chef. Reinhold Gütebier verkündet: Es werde keinen weiteren Personalabbau geben, in drei Jahren wolle man wieder in der Gewinnzone sein. Und: Er wolle Kika/Leiner in die „Champions League“ des Möbelhandels zurückführen.
Im Februar 2020 macht Benkos Kika/Leiner-Statthalter Gütebier erneut Hoffnung: „Die schwarze Null werden wir wie geplant 2021 erreichen“, behauptet der Deutsche, ohne dabei Umsatzzahlen offenzulegen. Den Turnaround wollte Gütebier damals mit Zuwächsen im Küchengeschäft, höherem Eigenmarkenanteil und mehr Online-Umsatz schaffen. Die Mitarbeiterzahl von 4500 solle mittelfristig wieder wachsen.
Benko im U-Ausschuss: „… neu erblühen lassen“
Im Oktober 2020 muss Signa-Gründer Benko im Ibiza-U-Ausschuss aussagen. Unter Wahrheitspflicht. Zu Kika/Leiner erklärt der Tiroler laut Protokoll: „Das neu eingesetzte Management hat diesen so wichtigen Turnaround geschafft und die beiden Traditionsmarken Leiner und Kika im wahrsten Sinne des Wortes neu erblühen lassen.“
Besonders bemerkenswert erscheint aus heutiger Sicht folgende Benko-Aussage vor den Abgeordneten: „Wir sind bei Kika/Leiner nicht als kurzfristiger Investor eingestiegen, sondern mit einer Perspektive als langjähriger, verantwortungsvoller Eigentümer. Und nur eine nachhaltige Sanierung sichert auch langfristig Arbeitsplätze.“
Knapp drei Jahre später zeigt sich, was die Versprechungen wert waren.
„Das Boot war nicht für Kika/Leiner gedacht“
Ein Arbeitnehmervertreter machte seiner Verärgerung über Immobilienjongleur René Benko am Mittwoch im Ö1-„Mittagsjournal“ Luft: „Er hat immer gesagt, wir sind eine Familie. Er ist irgendwie die Vaterfigur. Und wir sind alle in einem Boot“, sagte ein Wiener Leiner-Betriebsrat. Es habe sich gezeigt, dass Benko „kein Familienvater“ sei. „Das Boot war nicht für Kika/Leiner gedacht, sondern für etwas anderes. Er hat uns einfach im Stich gelassen.“
Übrigens: Alfred Gusenbauer nimmt sowohl bei Signa als auch bei der Strabag als Präsident wesentliche Aufsichtsratsfunktionen wahr. Strabag-Gründer Hans Peter Haselsteiner ist maßgeblicher Signa-Investor. Als entscheidender Signa-Geldgeber gilt in Österreich die Raiffeisen-Bankengruppe, die der Signa-Gruppe laut „Spiegel“ in Summe etwa zwei Milliarden Euro geborgt haben soll. Zum Raiffeisen-Reich gehören auch Medienbeteiligungen, wie etwa der „Kurier“.
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