Immer mehr Patienten kommen extra aus dem Ausland zu ihm: Der Grazer Selman Uranüs schafft seltene Eingriffe an der Milz. Sein Weg nach Graz führte über Armenpfarrer Wolfgang Pucher.
Durch Zufall entdeckten Ärzte bei der schwangeren Jennifer Iben aus Deutschland eine große Zyste an der Milz. Was tun? Das komplette Organ entfernen, so lautet die Antwort in den meisten deutschen Kliniken. Für eine junge Frau mit 35 Jahren bedeutet das aber zugleich, ein Leben lang aufpassen zu müssen: Infekte treten viel häufiger auf und können sogar lebensbedrohlich werden. „Die Entfernung war daher für mich keine Option.“
Weshalb sie zu googeln begann und auf die Internetseite eines Grazers stieß: Der Chirurg Selman Uranüs ist einer der wenigen, der die Milz nur zu Teilen entnimmt. „Die meisten Ärzte machen sich leider nicht die Mühe, weil es aufwendig und risikoreich ist.“
Ein Viertel der Milz muss im Körper bleiben
Warum er so stark für diese Methode plädiert? „Weil die Milz Substanzen produziert, die für die Körperabwehr gegen Keime - etwa gegen Grippe, Lungen- oder Hirnhautentzündung - wichtig sind.“ Anderswo im Körper werden diese Substanzen nur unzureichend gebildet. Ein Viertel der Milz muss im Körper bleiben, um diese Funktion zu erhalten.
Uranüs setzte sich daher für Jennifer Iben ein. Die Krankenkasse war bereit, die Kosten zu übernehmen, am 3. April wurde sie nach Graz geflogen, wo sie am Morgen darauf schon am OP-Tisch lag. Iben: „Es verlief alles ohne Komplikationen.“ Am Ostersonntag trat sie wieder die Heimreise zu Kindern und Mann nach Oldenburg an. Im Gegensatz zu früher hat sie jetzt keine Angst mehr, Achterbahn zu fahren oder Bälle zu werfen: „Die ständigen Bauchschmerzen sind weg“, freut sie sich.
Für OP nach Deutschland eingeflogen
Es ist nicht das erste Mal, dass Uranüs aus dem Ausland kontaktiert wird: „Es melden sich immer mehr Leute, die nach einem Ausweg suchen.“ Etwa Patienten aus Holland, Italien und eben Deutschland - dorthin wurde er im Herbst extra geflogen, um einem 12-Jährigen in Seehausen zu helfen.
Bereits 170 Teilentfernungen durch ein Knopfloch hat der Grazer in 20 Jahren erfolgreich durchgeführt. Die Methode dazu hat er selbst entwickelt, 2003 hatte sie Premiere. Aber schon seit 1987 setzte sich Uranüs für die Erhaltung der Milz ein und versucht, bei Berufskollegen das Bewusstsein dafür zu schärfen.
Pfarrer Pucher holte Koryphäe nach Graz
Dass die in Istanbul aufgewachsene Koryphäe in der Steiermark zu studieren begann und hier blieb, ist übrigens einem bekannten Steirer zu verdanken: Vinzi-Pfarrer Wolfgang Pucher war Uranüs’ Internatsleiter im St.-Georg’s-Kolleg in der Türkei. Wahrscheinlich hat er sich von Pucher auch dessen selbstlosen Einsatz abgeschaut. „Schade, dass es solche Ärzte nicht öfter gibt“, sagt Patientin Jennifer Iben und lobt den Mediziner: „Er ist der beste Arzt, den ich in meinem Leben kennengelernt habe.“
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