Die Fischer am Bodensee müssen sich umstellen - wie auch die Fischliebhaber in der Region. Die beliebten Felchen werden immer weniger. Dafür sind invasive Arten im Vormarsch.
Alles ist im Fluss - auch im See. Das Ökosystem des Bodensees etwa befindet sich derzeit in einem nie dagewesenen Prozess der Verwandlung: Nährstoffarmut (Fischer sagen, der See sei „zu sauber“), invasive Arten (Quaggamuschel) und Klimawandel setzen dem Gewässer zu und sorgen für drastische Veränderungen unter Wasser. So sind bereits 90 Prozent des gesamten Fischbestandes im schwäbischen Meer Dreistachlige Stichlinge.
Futterkonkurrenz unter Wasser
Zum Leidwesen der Fischer, denn die Art zählt nicht zu den Speisefischen und verdrängt diese sogar. So ernähren sich die Stichlinge äußerst gerne von Felchenlarven. Zudem sind sie natürlich Futterkonkurrenten. Und das in einem Gewässer, das ohnehin schon weit weniger Nährstoffe bietet als noch vor einigen Jahren.
Die Vorarlberg Berufsfischer sind mit einer existenzbedrohenden Lage konfrontiert. Wer sich die Altersstruktur unter den Fischern ansieht und weiß, dass kaum Nachfolger zu finden sind, der erkennt, dass die Zahl der Berufsfischer in Vorarlberg zukünftig noch weiter sinken wird.
Albert Bösch, Berufsfischer Vorarlberg
Apropos Futter: Auch invasive Arten wie die sich rasant ausbreitende Quaggamuschel (die „Krone“ berichtete) naschen eifrig im Futterpool mit. Das Problem: Gegen diese invasiven Arten lässt sich eigentlich nichts mehr unternehmen. Man kann nur noch beobachten (was im Rahmen zahlreicher Forschungsprojekte auch gemacht wird). Forscher befürchten aber, dass sich das Ökosystem des Bodensees in den kommenden Jahren weit stärker ändern wird, als es das in den vergangenen Jahrzehnten getan hat.
Gastronomie muss sich umstellen
Veränderung war und ist auch das Schlüsselwort für die Berufsfischer. Vor 15 Jahren waren noch 120 Fischer rund um den Bodensee aktiv, heute finden sich nur mehr 40, in Vorarlberg sind es neun, wie am Freitag von Albert Bösch (Verband der Berufsfischer) erklärt wurde. „Und die Zahl wird weiter sinken“, prognostizierte er. Um den Felchenbestand im Bodensee zu sichern, sprach sich Bösch für eine ganzjährige Schonzeit aus. Zudem wird im Fischereizentrum in Hard Felchennachwuchs herangezüchtet, der dann in „stichlingssicherer“ Größe (35 Millimeter) ausgesetzt wird. Bösch ließ zudem durchklingen, dass sich Gastronomie und Fischliebhaber generell umstellen sollten - und zwar auf andere Fische, die im See zu finden sind, etwa Welse, Rotaugen und Brachsen.
Kormorane sind auch hungrig
Die Berufsfischer würden mit Tipps und Tricks für die Zubereitung zur Verfügung stehen - und bieten sogar entsprechende Workshops für Profiköche an. Die konkreten Fischfangzahlen zeigen die Lage am See wohl am deutlichsten: Bis ins Jahr 2015 wurden jedes Jahr 400 bis 600 Tonnen Speisefisch aus dem Bodensee geholt, zwei Drittel davon waren Felchen. Im vergangenen Jahr waren es nur mehr magere 153 Tonnen. Knapp 22 Tonnen davon entfielen auf Vorarlberg. Wer übrigens auch gerne fischt, ist der Kormoran. Rund 1200 Brutpaare sollen rund um den See heimisch sein - und die sind hungrig. Laut Schätzungen schnappt sich das schwarze Federvieh jährlich 380 Tonnen Fisch.
Weniger Sorgen hat die Anglerfischerei in Vorarlberg. Insbesondere jene an den Binnengewässern. Wer allerdings glaubt, dass seine selbst gefangenen Bachforellen tatsächlich Wildtiere sind, der könnte irren. Denn seit Jahren schon werden sogenannte Besatzfische (also Tiere aus der Zucht) in den Gewässern Vorarlbergs ausgebracht.
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