Nach jahrelangem Ringen haben sich die EU-Staaten am Donnerstag auf eine Verschärfung der EU-Asylregeln verständigt (siehe Video oben). „Die verpflichtenden Verfahren an der Außengrenze sind ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Damit wird eine Forderung Österreichs umgesetzt, für die wir auf allen Ebenen gekämpft haben“, betonte Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag. Während der Kanzler gegenüber der „Krone“ davon sprach, dass dennoch eine „Totalreform“ nötig sei, kündigte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) an, keine Asylwerber aus Auffanglagern an der EU-Außengrenze aufnehmen zu wollen.
Nach den Worten des Kanzlers habe es sich gelohnt, klar aufzuzeigen, dass Schengen nicht funktioniere und strengere Regeln an den Außengrenzen notwendig seien.
Kanzler: Asyl und Wirtschaftsmigration trennen
Denn es brauche eine klare Trennung von Asyl und Wirtschaftsmigration. „Aber klar ist: Um die gescheiterte Asylpolitik der EU in den letzten Jahren wieder zu reparieren, braucht es eine Totalreform“, so Nehammer. Dazu brauche es einen robusten Außengrenzschutz und Asylverfahren in Drittstaaten.
Da muss man in der EU vom Reden ins Tun kommen und endlich umsetzen, was lange verschleppt wurde: einen robusten Außengrenzschutz, der diesen Namen verdient. Vor allem aber müssen wir verhindern, dass sich irreguläre Migranten überhaupt auf den Weg machen. Das Ziel für eine echte Lösung des Migrationszustroms sind und bleiben Asylverfahren in Drittstaaten - wir werden weiter dafür werben und kämpfen.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
Der Kanzler will das Thema beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs erneut diskutieren: „Österreich wird weiter hart bleiben in der Asylpolitik. Die Asylbremse ist in der EU längst noch nicht fest genug angezogen.“
Karner: Keine Asylwerber aus Lagern an EU-Außengrenze aufnehmen
Nach dem Asylkompromiss der EU-Staaten will Innenminister Gerhard Karner unterdessen keine Asylwerber aus Auffanglagern an der EU-Außengrenze aufnehmen. „Darüber brauchen wir zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht zu diskutieren. Jetzt geht es darum, wie Österreich entlastet wird. Darüber bin ich bereit zu reden, aber nicht in die andere Richtung“, sagte Karner im Interview mit der „Presse“.
Veto gegen Schengen-Beitritte Rumäniens und Bulgariens bleibt
Karner hält weiters das österreichische Veto gegen die Schengen-Beitritte Rumäniens und Bulgariens aufrecht. „Die EU-Kommission muss zuerst den EU-Außengrenzschutz verbessern. Solang das nicht funktioniert, brauchen wir über die Aufhebung von Binnenkontrollen nicht reden“, sagte er.
Karner betonte, im Zuge des EU-Asylkompromisses gebe es keinen Verteilungsschlüssel. „Es gibt verpflichtende flexible Solidarität. Wir erwarten, dass nun auch andere Länder mit Österreich solidarisch werden. Österreich hatte im Vorjahr nach Zypern die zweitmeisten Asylanträge pro Kopf in der EU. Österreich hat auch Polizisten an der ungarisch-serbischen Grenze im Einsatz.“
Konkret ging es bei den EU-Innenministern am Donnerstag in Luxemburg um die Verteilung von Asylsuchenden in der EU sowie um Vorprüfungen von Asylanträgen für Menschen an der europäischen Außengrenze mit geringen Chancen auf Bleiberecht. Die Pläne sollen nach Angaben der EU-Kommission auch weitreichende Kooperationsprojekte mit Nicht-EU-Ländern ermöglichen.
Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive im Fokus
Der Kompromiss sieht vor allem einen deutlich rigideren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor. So sollen ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von sechs Monaten geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.
Nach Angaben der zuständigen Kommissarin Ylva Johansson können abgelehnte Asylwerber künftig grundsätzlich auch in Nicht-EU-Länder abgeschoben werden. Einzige Voraussetzung soll sein, dass sie eine Verbindung zu diesem Land haben. Wie diese aussehen muss, soll im Ermessen der EU-Staaten liegen, die für das jeweilige Asylverfahren zuständig sind.
Neben den verschärften Asylverfahren soll es laut der Einigung der EU-Innenminister auch eine verpflichtende Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen geben. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden. Länder wie Ungarn stimmten deswegen gegen den Plan.
EU-Staaten müssen jetzt mit EU-Parlament verhandeln
Sollte die Regelung beschlossen werden, könnte damit zum Beispiel Italien über das Mittelmeer kommende Menschen nach Tunesien zurückschicken, wenn sich die Regierung in Tunis einverstanden damit erklärt. Um sie zu einer Zustimmung zu bewegen, könnte etwa finanzielle Unterstützung geleistet werden. Für den finalen Gesetzestext müssen die EU-Staaten nun in Verhandlungen mit dem EU-Parlament treten.
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