Die Regierung in Kiew wirft Russland vor, den Kachowka-Staudamm aus dem Inneren des zugehörigen Wasserkraftwerks gesprengt zu haben. Das sei offenbar mit der Absicht durchgeführt worden, die ukrainischen Verteidigungskräfte daran zu hindern, eine Offensive im Süden zu starten, sagt Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar. Zudem habe Russland damit die Entsendung von Reserven in die Gebiete Saporischschja und Bachmut ermöglichen wollen.
Trotzdem konnten die ukrainischen Streitkräfte bei ihrer Gegenoffensive gegen die russische Armee im Gebiet Saporischschja nach Einschätzung westlicher Experten lokale Erfolge erzielt. Die Gewinne gebe es im Westen des Gebiets Saporischschja und dort im Südwesten und Südosten der Stadt Orichiw, teilte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington mit. Russische Angaben zufolge wurden die Angriffe aber zurückgeschlagen.
Moskau: Angriffe abgewehrt
Insgesamt gebe es ukrainische Offensivhandlungen an vier Abschnitten der Front, hieß es seitens des ISW. Dagegen hatte das russische Militär mitgeteilt, die Angriffe dort und im Gebiet Donezk um die Stadt Bachmut erfolgreich abgewehrt zu haben. Kiew hatte zuletzt breite Offensivhandlungen und Angriffe seiner Truppen bestätigt, um die von Russland besetzten Gebiete zurückholen. Offizielle Bestätigung, dass die seit Monaten angekündigte Großoffensive angerollt ist, gibt es allerdings noch nicht.
Ukraines Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge geht sein Land mit „Gegenoffensiven“ an der Front gegen die russischen Truppen vor. Es fänden „Gegenoffensiv- und Defensiv-Aktionen“ statt, er werde aber „keine Einzelheiten“ nennen, sagte Selenskyj am Samstag in Kiew. Er ließ damit offen, ob es sich um die schon lange erwartete Großoffensive der Ukraine handelt. Kremlchef Wladimir Putin hatte am Freitag gesagt, diese Offensive der Ukraine habe bereits begonnen.
20 Drohnen abgefangen
Die ukrainischen Luftstreitkräfte informierten am Sonntag auch über den erneuten Abschuss von sechs Drohnen im Gebiet Charkiw und Sumy an der Grenze zu Russland. Am Samstag hatte die ukrainische Luftabwehr mitgeteilt, dass zwei Marschflugkörper und 20 Drohnen abgeschossen worden seien. Demnach hatte Russland 35 Drohnen und 8 Raketen auf Ziele in der Ukraine abgefeuert - auf militärische und wichtige Infrastruktur-Objekte. Die russischen Angriffe richteten sich demnach neben Odessa auch gegen Ziele in der Region Poltawa und in Charkiw.
Unterdessen wird nach der verheerenden Zerstörung des Mega-Staudamms im Kriegsgebiet im Süden weiter nach Vermissten gesucht. Das ukrainische Innenministerium teilte am Sonntag mit, dass auf der von Kiew kontrollierten rechten Seite des Dnipro-Ufers noch 32 Ortschaften mit 3784 Häusern überschwemmt seien. 29 Menschen würden vermisst, hatte die Behörde am Vorabend mitgeteilt.
Kampfhandlungen im Katastrophengebiet
1400 Einsatzkräften seien beteiligt daran, die Folgen der Flut nach dem Bruch des Staudamms zu beseitigen, hieß es. Auch auf der von Russland besetzten Seite des Ufers dauerte die Evakuierung von Ortschaften an. Tausende Menschen wurden auf beiden Seiten des Flusses in dem umkämpften Gebiet in Sicherheit gebracht. Bisher ist von insgesamt 13 Toten die Rede auf beiden Seiten des Gebiets, in dem auch die Kampfhandlungen weiterliefen.
Die ukrainischen Behörden meldeten indes sinkende Wasserstände. Demnach stand der Hochwasserpegel des Dnipro in Cherson am Sonntagmorgen bei rund 4,2 Meter, gut einen halben Meter weniger als am Vortag. Das Wasser fließt ins Schwarze Meer ab. Der Betreiber des zerstörten Kachowka-Kraftwerks teilte mit, dass der Wasserstand im Stausee ebenfalls weiter sinke. Er lag demnach bei rund 9,4 Meter, das waren mehr als sieben Meter weniger als am Dienstag.
Trinkwasser-Mangel auf der Krim droht
Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms dürfte nach britischen Erkenntnissen Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung der russisch besetzten Krim-Halbinsel haben. Der Dammbruch habe mit ziemlicher Sicherheit schwere Beeinträchtigungen der wichtigsten Frischwasserquelle der Krim, dem Nord-Krim-Kanal, verursacht, teilte das britische Verteidigungsministerium am Sonntag mit.
Das Wasser aus dem Kachowka-Reservoir werde bald aufhören, über den Kanal Richtung Krim zu fließen. Dies werde die Verfügbarkeit von Süßwasser im Süden des Gebietes Cherson und im Norden der Krim verringern, schrieben die Briten in ihrem täglichen Geheimdienst-Update. Russland werde den unmittelbaren Wasserbedarf der Bevölkerung jedoch vermutlich unter anderem mit Hilfe von Reservoirs, Wasserrationierungen und der Lieferung von russischem Flaschenwasser auffangen.
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